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10. Türchen: Von der Barfuß-Prinzessin zur emanzipierten Kaiserin? – Review zu „Die Kaiserin“ (2022)

Sex, Intrigen und wilde Partys – Die brave Sissi ist Schnee von gestern. Wer eine Abwechslung zu den Sissi-Klassikern mit Romy Scheider für die Weihnachtszeit sucht, dem empfehle ich die neue Netflix-Serie „Die Kaiserin“ (2022). Während Romy Schneider die Version einer Sissi ohne Makel darstellt, präsentiert Netflix eine neues Bild der Kaiserin geprägt von Fauxpas, Machtkämpfen und Liebesdramen. Staffel 1 porträtiert den Werdegang der junge, burschikosen Prinzessin zu einer emanzipierten, verantwortungsvollen und selbstbewussten Kaiserin von Österreich.

Darum geht es in „Die Kaiserin“

Die Haupthandlung der Serie zeigt Elisabeths Entwicklung von einem kindlich, störrischem Mädchen zur einer willensstarken Kaiserin. Ihr Leben ist geprägt von ihrer Verbundenheit zur Natur, politischen und öffentlichen Fauxpas, Liebesdramen und ihrem Mut zur Veränderung. Die Serie wird zudem von facettenreichen Nebenhandlungen bestimmt. Eine Arbeitergruppe schleußt eine Hofdame in Elisabeths Leben, deren Ziel es ist, den Kaiser zu stürzen. Allerdings plant auch der Bruder des Kaisers heimlich seine eigene Machtübernahme. Während der Kessel an Intrigen beinahe droht überzuschäumen, brodelt es unaufhörlich in der Gerüchteküche: Hat Franz eine Mätresse? Geschichtlich hat die neue Netflix-Serie auch einiges zu bieten. Egal ob Russland, Frankreich oder Lombardi-Venezia, alle erheben das Messer gegen Österreich.

Eine Barfußprinzessin aus Bayern

Am Anfang der Serie lebt Sissi ein Leben ohne Zwang. Sie genießt ihre Freiheit in vollen Zügen und möchte vom Heiraten und Verpflichtungen nichts wissen. Erst als ihre Mutter ihr droht, sie in eine Verrückten-Anstalt zu schicken, verpflichtet sie Sissi zu einem besseren Verhalten und willigt ein, mit an den kaiserlichen Hof zu Ehren Franz´ Geburtstag zu fahren. Ihr burschikoses Verhalten legt sie allerdings nicht ab und zeigt kein Interesse für den kaiserlichen Hof, sondern rennt barfuß mit offenen Haaren durch die Schlossgärten. Hier begegnen sich Franz und Sissi zum ersten Mal fernab des höfischen Protokolls. Die Prinzessin ist gefesselt von der Art des Kaisers und die beiden treffen sich mehrmals heimlich im Schloss bevor Franz die Verlobung offiziell verkündet. Dies stellt sich als eine Überraschung für die versammelten Gäste heraus, da Franz sich eigentlich mit Elisabeths Schwester Helene vermählen sollte.

Sex, Fauxpas und wilde Partys

Während sich die Kaiserin in den ersten Folgen kindlich, tollend und störrisch zeigt, verwandelt sie sich in der Mitte der Serie zu einer willensstarken, femininen jungen Frau, die ab sofort Elisabeth und nicht mehr Sissi genannt werden möchte. Sie sucht den Abstand zu ihrer geliebten Schwester und zu ihren Eltern, um ihre Unabhängigkeit zu demonstrieren. Trost spendet ihr von nun an die Natur und Franz. Anfänglich verbringt das neu verliebte Paar viele Stunden auf Lichtungen oder an Flussbetten. Die Nähe zur Natur gibt der Beziehung einen natürlichen, ehrlichen und vertrauten Charakter. Durch politische Machtkämpfe und wilde Partys geriet ihre Liebe ins Wanken. Franz zweifelt an Elisabeths Treue, während diese sich gelangweilt und unterfordert fühlt. Zudem spannt sich ein Netz aus Lügen und Unruhen über den Hof. Gerüchte von Franz angeblicher Mätresse machen die Runde, während der Besuch des Zarensohnes von Russland bevorsteht.

Auf dem königlichen Landsitz sollen sich die Parteien fernab von der höfischen Steifheit einigen. Elisabeth sieht ihre Chance, um sich mehr Respekt am Hof zu verdienen, indem sie den Zarensohn mit ihrem Charme auf die österreichische Seite zieht. Dieser springt auf Elisabeths Liebreiz an und möchte mir ihr allein zur Jagd in den Wald gehen. Ihr Gespräch wird von einem heranrasenden Wildschwein unterbrochen. Elisabeths Schuss tötet das Biest, nachdem der Prinz zwei Fehlschüsse abfeuert. Aus Selbstschutz wird ein politischer Affront, da sich der Zarensohn gedemütigt fühlt. Trotz ihrer Verärgerung, übernimmt Elisabeth die Verantwortung für ihren Fauxpas und geht somit den ersten Schritt in die Richtung einer verantwortungsbewussten Kaiserin.

Die politischen Verhältnisse zwischen Österreich und Russland, sowie Lombardi-Venezien und Preußen spitzen sich zu und Franz verbarrikadiert sich mehr und mehr in seinem Arbeitszimmer. Ausgeschlossen und vereinsamt, verbringt Elisabeth viel Zeit auf den wilden Partys ihren Schwagers, Prinz Maximilian. Sie verliert sich im kaiserlich glamourösen Leben und im Alkohol. Franz fällt das verschwenderische Leben seiner Frau zunehmend auf und bietet ihr mehr repräsentative Aufgaben an. Elisabeths erster großer Auftritt in der Öffentlichkeit, ein Besuch in einer Fabrik, soll ihr mehr Freiheit und Aufmerksamkeit einbringen. Von dem heruntergekommenen Aussehen der Arbeiter geschockt, verlangt die Kaiserin Einlass in die Fabrik. Als sie dort ein kleines Mädchen barfuß sieht, schenkt sie diesem kurzerhand ihre eigenen Schuhe. Elisabeth zeigt sich in diesem Moment volksnah und schaut zum ersten Mal über den Tellerrand ihrer eigenen Luxuswelt. Trotz ihrer guten Intentionen, kommt es zur Eskalation, da die Arbeiter von Elisabeths Verhalten überrascht in einen Tumult ausbrechen. In der Szene wird sich Elisabeth zum ersten Mal ihrer Verantwortung und Wirkung gegenüber ihrem Volk bewusst.

Der letzte Schritt zur emanzipierten Kaiserin

Nach dem öffentlichen Desaster stellt Erzherzogin Sophie, Franz Mutter, Elisabeth vor ein Ultimatum: Sie muss zurück nach Possenhofen ziehen oder sich Sophies strenger Vormacht ohne jegliche Freiheiten unterstellen. Elisabeth steht vor einem Scheideweg. Sie hadert zwischen der Verantwortung gegenüber ihrem Volk und ihrer eigenen Freiheit. Außerdem weiß sie seit Kurzem, dass sie ein Kind erwartet. Während ihrer Entscheidungsphase nehmen die Unruhen in der Öffentlichkeit zu. An Tag ihrer Entscheidung tummeln sich die Menschen aus unerfindlichen Gründen vor dem Schlosstor. Elisabeths Entschluss steht fest: Sie fährt zurück zu ihren Eltern. Auf dem Weg zur Kutsche fällt ihr die friedliche Menschenmenge vor den Toren auf. Ohne zu zögern, geht sie auf die Masse zu und verlangt die Öffnung der Tore. Ungeschützt steht sie nun vor ihrem Volk. Die Anspannung ist deutlich zu spüren. Der Schauplatz ist durch die Fackeln in rotes Licht getränkt. Es ist gespenstisch still.

Ich höre euch!

Elisabeths Worte verhallen in der Stille. Sie wiederholt die Worte immer und immer wieder. In diesem Moment gewinnt sie das Vertrauen der Menschen und löst sich von der vollkommenen Abhängigkeit der kaiserlichen Familie.

Fazit

Elisabeth hat es in Staffel 1 geschafft das Vertrauen ihres Volkes zu gewinnen, während sie um die Gleichstellung und ihre Akzeptanz am Hof noch kämpft. Die Kaiserin entscheidet sich für ihr Volk, für die Verantwortung und Treue gegenüber ihrem Land. Die Schlussszene ist der Höhepunkt ihres Werdegangs zur verantwortungs- und selbstbewussten Kaiserin. Wie sehr Elisabeth im wahren Leben um ihre Gleichstellung am Kaiserhof gekämpft hat, ist fragwürdig.

Staffel 2?

Ihr habt Staffel 1 schon gesehen und wartet ungeduldig auf eine Fortsetzung? Gute Neuigkeiten! Laut der Internetseite Kino.de soll Staffel 2 im Spätherbst 2023 erscheinen. Dann bekommen wir endlich Antworten! Wird Elisabeth endgültig am Kaiserhof bleiben, wie reagiert Franz auf die Menschenmasse und wird es einen Krieg gegen Napoleon geben?
Wer jetzt noch mehr Lust auf Sissi- Filme bekommen hat, dem empfehle ich wärmstens die Sissi-Trilogie mit Romy Schneider und Karl-Heinz-Böhm. Die Filme zeugen zwar nicht von der gleichen Spannung wie „Die Kaiserin“, eignen sich aber perfekt für einen besinnlichen Weihnachtsfilmabend. Wenn ihr noch mehr über die Sissi-Filme erfahren möchtet, schaut mal hier vorbei.

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