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Unter Schweiß, Tattoos und Muskeln – Eindrücke der ersten Fight Night in Passau
Es ist Samstag Abend, kurz vor 18 Uhr. Im Licht der Scheinwerfer sieht man den Nieselregen auf den grauen Asphalt vor der Glaswand niedersinken. Aus der dahinterliegenden Dunkelheit lösen sich Gestalten, die sich hastig an dem sich drehenden Dönerspieß vorbei Richtung Eingang bewegen. Im trockenen Foyer der Dreiländerhalle wird derweil Bier ausgeschenkt – laute Männerstimmen und Gelächter füllen den hohen Raum. Das Interesse an der ersten „Fight Night“ in Passau ist groß, von 1500 verfügbaren Plätzen wurden dafür bereits über 1000 Karten im Voraus verkauft.
Neben dem Eingang steht David*, er studiert Jura an der Uni Passau und betreibt selbst Kampfsport. Sein schwarzes Shirt, auf dem der Kopf einer Bulldoge mit dem Schriftzug „Kampfkunstzentrum Knockout Fight Club“ weiß umrandet ist, weist ihn als Mitglied der Crew aus. Der Fight Club wurde 2014 von Marco Schweighofer gegründet, um „der Kampf- und Fitness-Szene in Passau Großstadtflair einzuhauchen“, wie deren offizielle Webseite mitteilt. Zusammen mit Übungsleiter Markus Benz organisiert der gebürtige Passauer die zweite Fight Night Bayerns in der Drei-Flüsse-Stadt. Unterstützung bekommen sie hierbei von den Fight Club Mitgliedern, darunter auch Armin Trautner, der zu später Stunde selbst noch in den Ring steigen wird. Trotz Alkoholausschank und Rocker-Fangemeinde können sie sich die Kosten für Security sparen, da ihre Schützlinge selbst breiter als manch Passauer Türsteher sind. Schweighofer und Benz trainieren neben unterschiedlichen Gewichtsklassen auch Kinder und Jugendliche. In der Hans-Bayerlein-Turnhalle werden Thaiboxen, Mixed Martial Arts, K1, Jiu-Jitsu und Grappling mit Fitness und Cross-Training verbunden. Die Kampfsportarten sprechen nicht nur Männer, sondern auch Frauen an. Trotzdem ist das Publikum der Veranstaltung überwiegend männlich, teilweise in weiblicher Begleitung.
„Viele knackige Männer“
Etwas abgelegen von den wartenden Gästen und durch eine Trennwand abgeschirmt, sitzt Diana Auerbach, Inhaberin des Morpheus Tattoo Studios in Altreichenau. Sie ist nicht zum Vergnügen hier, heute Abend gibt es exklusive Preise und Motive für die Fight Night Besucher, die sich in ihrem behelfsmäßigen Stand ein Tattoo oder Piercing stechen lassen. Das Angebot kommt sichtlich gut an, bereits einige kleine Motivwünsche konnten Diana und ihr Team an diesem Abend schon verwirklichen. Sie selbst freut sich auch über „die vielen knackigen Männer“ wie zum Beispiel die durchtrainierten Sportler, die an der gegenüberliegenden Seite des Eingangsbereichs Werbung für das Fitnessstudio ShredForce machen und Proteinsnacks verkaufen.
Das Herzstück der spärlich beleuchteten Halle ist der Ring, der laut Insiderwissen nur mit dünnen Matten auf harten Holzplatten gepolstert ist. Ähnlich gemütlich sind die Plätze der Tribüne für jeweils 15 Euro an der Abendkasse. Wer etwas mehr Geld investiert hat, darf an einem der VIP-Tische Platz nehmen, die um den Ring aufgestellt wurden. Im stolzen Preis von 400 Euro ist neben der guten Sicht auf Kampfszene und Kampfrichter auch ein Brotzeit-Buffet sowie Getränkeservice enthalten.
Neben der „very important person“ Oberbürgermeister Jürgen Dupper trifft man hier auf Moët, Chanel & Co. Herr Dupper steht hinter den Veranstaltern und beschreibt das Kampfkunstzentrum als „feste Größe in der Passauer Sportlandschaft“. Er selbst wird den Abend allerdings nicht an dem für ihn reservierten VIP-Tisch verbringen, sondern – wie seiner Frau versprochen – im Stadttheater.
Während die japanischen Trommler aus Augsburg ihre Instrumente aufbauen, verlassen die letzten Zuschauer des Nachmittagsprogramms die Halle. Eine Familie aus Österreich wartet auf ihren 14-jährigen Sohn, der zuvor als Nachwuchstalent an den Kinder- und Jugendwettkämpfen teilgenommen hat. Anders als in Deutschland ist es Jugendlichen unter 16 Jahren dort verboten, in den Ring zu steigen. Mit den Kämpfern am Abend, die aus allen Teilen Deutschlands und aus Tschechien für das Event nach Niederbayern gekommen sind, verbindet sie die Liebe zum Kampfsport, für die auch eine Anfahrt von bis zu 500 Kilometer in Kauf genommen wird.
„Was erwartest du dir von dem heutigen Abend?“ – „Blut!“
Wenn man nach der Erwartung des Publikums für die kommenden Kämpfe fragt, lautet die Antwort eines alkoholisierten VIP-Gasts: „Blut!“ Farblich dazu passend eröffnet der Moderator in rotem Anzug und Fliege den Abend. Während die offiziellen Muay Thai Hymne gespielt wird, laufen die Sportler begleitet von Rauchschwaden und Feuershow ein. Neben der Rede des Bürgermeisters gibt es einleitende Wort durch die Organisatoren, Schweighofer und Benz, die sich im Gegensatz zu den Zuschauern einen unblutigen Abend wünschen. Trotzdem werden alle beteiligten Rettungskräfte namentlich genannt und ihnen bereits im Voraus gedankt.
In den angekündigten 12 Kämpfen, die planmäßig 3 x 2 Minuten dauern oder aber durch ein Knockout entschieden werden, treten Sportler unterschiedlicher Gewichtsklassen abwechselnd in K1 und Muay Thai mit oder ohne Schutzkleidung gegeneinander an. Nicht nur das Feuer, sondern auch die Hits „The Final Countdown“, „Eye of the Tiger“ und der Soundtrack zu „Kill Bill“ sollen das Publikum vor den Kämpfen anheizen. Die Stimmung hält bis zum Einsetzen der japanischen Volksmusik, die den zeremoniellen „Wai Kruh“ und den eigentlichen Kampf begleitet. Dieses Muay Thai-Ritual ist ein „Gruß an den Lehrer“, mit dem durch Verbeugungen und schlangenartigen Tanzbewegungen Respekt an den Trainer erwiesen wird. Die Prozedur dauert länger als so mancher Kampf an sich. Um auch in den kurzen Pausen zwischen den Runden das überwiegend männliche Publikum bei Laune zu halten, wurde Ringgirl Lia Joyce eingeflogen, die sonst in Hamburg und Umgebung auf Events auftritt.
Harte Schale, weicher Kern
Der Held des Abends kommt jedoch direkt aus Passau. Armin Trautner, ein Schützling Schweighofers, löst wahre Stürme der Begeisterung bei vielen Zuschauern aus und schlägt unter Anfeuerungsrufen seinen Gegner in der dritten Runde nieder, der ihm in der Endwertung 0-3 unterliegt. Die von Testosteron strotzende Stimmung findet ihren Höhepunkt, als sich Armin nach dem Kampf auf die Absperrung des Ringes stellt und seiner Fangemeinde unter lautem Schreien seinen durchtrainierten, mit Tattoos dekorierten Oberkörper präsentiert. Obwohl der „Arminator“ wie auch andere Kämpfer während ihrem Auftritt im Ring fast animalisch wirken, verläuft der Abend abgesehen von einer blutigen Nase und einigen Tritten in den Genitalbereich sehr harmonisch. Teilnehmende und Trainer umarmen sich, schütteln die Hände und posen gemeinsam vor der Sponsorenwand. Zum Abschluss eines fairen Wettkampfs wird dem Sieger des Viermannturniers Bayern vs. Tschechien, Kevin Mihalik aus Bratislava, ein goldener Pokal überreicht, den sich dieser durch seine gezielte Fußarbeit in den Augen der Zuschauer verdient ertreten hat.
Wer Lia Joyce und den ein oder anderen Kämpfer an diesem Abend noch näher kennenlernen möchte, kann dies auf der Afterparty im Vios tun. Schweighofer am Mischpult, der als Techno-DJ bereits in Berlin aufgelegt hat, bringt neben der größten Eventlocation in Passau auch einen der kleinsten Clubs zum Kochen.
*Name von der Redaktion geändert
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