Mit seinem neuen Album „Schlaftabletten, Rotwein V“ tourt der Verkleidungskünstler Alligatoah derzeit unter dem Motto „Wie Zuhause“ durch Deutschland und Österreich. Vergangenen Samstag, den 19.01.2019, hat er auch in der Zenith Kulturhalle in München gespielt.
Jeder der Alligatoah etwas länger verfolgt, weiß der Teufel liegt im Detail. Schon das Design des Tickets gab einen Vorgeschmack auf das zu erwartende Bühnenbild des Musikers. Es zeigt die Fassade des Hotels „Kalliforniah“, in dessen Fenster man verschiedene Szenen der Bewohner erkennen kann. Ein Körper der von der Decke seines Zimmers hängt oder ein Mann mit Sturmmaske, der gerade Billard spielt.
Um Punkt 19:30 Uhr geht es mit der Vorband oder besser dem Vorkünstler los: Dazzle, ein junger Rapper aus Berlin, der mit seinem außergewöhnlichen Flow, guten Beats und sehr lautem Bass das Publikum in die richtige Stimmung bringt. Und das in nur 23 Minuten. Auf der Bühne befinden sich zwei Tonnen, die wohl Zeitbomben mit eingebauten Timer darstellen sollen. Doch nachdem der Countdown bei null angekommen ist, geht es noch nicht gleich los. Die Fans müssen sich noch etwas gedulden bis der Hauptakt erscheint.
20 Uhr. Das Licht geht aus, der schwarze Vorhang fällt, gelbliche Scheinwerfer beleuchten die Bühne und die Melodie von „Counterstrike“ ertönt. Man kann eine Landschaft auf einem weiteren Vorhang erkennen, in der Mitte eine rote Gerbera aus der Alligatoah mit einer Sturmmaske rausschaut und zu rappen beginnt. Die Fans kreischen, ein Mädchen schreit: „Ich liebe diesen Typen!“. Die Masse ist von Sekunde eins an euphorisch.
Danach fällt auch dieser Vorhang und enthüllt ein einzigartiges Bühnenbild. Das gleiche Hotel wie auf den zuvor erwähnten Tickets. Links und rechts auf der unteren Etage und auf zwei Balkonen befindet sich die Band, bekleidet mit sonnengelben Frottee-Bademänteln. Der Meister selbst steckt in einem Anzug inklusive Hut und Hosenträgern in dem gleichen modischem gelb. Neben ihm darf natürlich der Rapper und Wegbegleiter BattleBoi Basti nicht fehlen, der verkleidet als Hotelpage eine wichtige Rolle in diesem Konzert spielt – und das nicht nur musikalisch.
Bewaffnet mit seiner gelben Gitarre stimmt der Rapper das erste Lied des Abends „Alli-Alligatoah“ an. Alle fangen an den Song mitzusingen – oder eher mitzugrölen. Nach jedem Lied verändert sich das Bühnenbild mittels einer Drehbühne. Bei „Ein Problem mit Alkohol“ ist es ein Bartresen, ein kleiner Fitnessraum bei „Trostpreis“, einmal lässt Alligatoah sich sogar von seinem Kollegen Basti in einer Mülltonne über die Bühne schieben und trällert dabei „Lass liegen“.
Bei dem Track „I Need A Face“ steht der Page Basti vor einem schwarzen Hintergrund und imitiert die jeweiligen Gesichtsausdrücke des Songs, wie es Max Giermann im Musikvideo macht. Der Rapper selbst scheint auf der anderen Seite im Schneidersitz in der Luft zu schweben, was die Zuschauer immer bei der Hook durch das Drehen der Bühne bestaunen können. Leider hatte das einzige Feature, mit Felix Brummer, dem Leadsinger der Band „Kraftklub“, des neuen Albums keine Zeit zum Beine Brechen, aber Alligatoah scheint es ihm nach dem gleichnamigen Track verzeihen zu können.
Doch was darf bei einem guten Konzert nicht fehlen? Genau, ein Moshpit. Während des Lieds „Hass“ fordert er seine Fans dazu auf, angestaute Aggressionen frei zu lassen. Kurz danach bildet sich eine Wall of Death, bei der die Fans mit den Worten „Ich kann beide Seiten verstehen“ und dem Song „Meinungsfrei“ auf einander zu stürmen.
Als sich die Band dann langsam zurückzieht, wird das Publikum etwas nervös: „War’s das jetzt schon?“
Sie fordern schon nach dieser kurzen Pause eine Zugabe. Als das Licht angeht erklärt Alligatoah, dass Basti schon sehr erschöpft sei und deshalb erstmal ein kleines Nickerchen in seinem Bett mache. So stimmt er damit auf sein aller neuestes Werk „Nicht wecken“ ein. Als BattleBoi dann aus seinem Schlaf erwacht, geht es mit dem Rausch weiter und der Rapper fragt uns ganz verliebt, ob wir mit ihm Drogen nehmen wollen. Während dem Lied dreht sich die Bühne mehrfach und es herrscht eine überwältigende Partystimmung, da sich wohl jeder auf diesen Song gefreut hatte.
Der Abend neigt sich mit dem Lied „Wie Zuhause“ dem Ende zu, das Alligatoah selbst auf dem Keyboard begleitet. Mit abschließenden Verbeugungen von Publikum und Band, die tiefe Blicke in ihre Bademänteln gewähren, beendet Alligatoah sein Konzert in München. Die Masse löst sich langsam auf. Die Menschen strömen teils an die Bar, zur Toilette, zum Merchstand, oder zum Ausgang. Den meisten tun die Füße vom Stehen und Springen weh, ein anderer hat seinen Schuh im Moshpit verloren, die Ohren dröhnen von den Boxen und die mit Songzeilen bedruckten T-Shirts sind komplett durchgeschwitzt. Doch alle tragen ein Lächeln im Gesicht und so mancher singt immer noch leise – oder auch lauter – „…ein Kinderchor versinkt im Moor, sie singen: Alli-Alligatoah“.
Alle Infos zu weiteren Terminen:
https://alligatoah.de/
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