Vergangenes Wochenende fand das Impuls Festival Passau zum vierten Mal statt und war wieder ein voller Erfolg!
Normalerweise werden in der Redoute ja Theaterstücke aufgeführt. Die Schauspieler werfen sich in manchmal pompöse, manchmal arm anmutende Kleidung und erzählen dem Publikum Geschichten über Verrat, Hass, Liebe – die großen Emotionen eben. Für das Impuls Festival mussten die Requisiten und Szenenbilder auf der Bühne aber Instrumenten weichen, Mikrofone und Boxen wurden aufgebaut, das Schlagzeug stand am hintersten Rand des Saals bereit. Am Freitag fanden sich die Besucher dort nicht ein, um stillschweigend sitzend ein Theaterstück über sich ergehen zu lassen, sondern um gebannt den Sängern auf der Bühne zu lauschen und den eigenen Körper mal ganz der Musik hinzugeben.
Der Eröffnungsabend ging ganz gemütlich los. Die Besucher trudelten nach und nach ein – von jung bis alt war alles vertreten. Viele Schüler und Studenten, aber auch ebenso viele Erwachsene und Rentner, ob alleine, als Paare oder als Gruppen von Freunden, es fanden sich alle in dem kleinen Theatersaal zusammen, um gemeinsam mit dem Warm Up in das Festivalwochenende zu starten.
Im Eingangsbereich, wo die diesjährigen Festivalbändchen gegen Vorlage des Tickets ausgegeben wurden, fand außerdem ein Plattenverkauf statt. Hunderte von Schallplatten aus unterschiedlichsten Genres konnten hier betrachtet, bewundert und gekauft werden. Direkt gegenüber gab es Bier und Wein oder etwas für den kleinen Hunger zu fairen Preisen zu kaufen.
Im Saal selbst, wo an dem Abend auch die ersten Konzerte stattfanden, waren links an der Wand entlang weitere Tische mit unzähligen Kartons voller Platten aufgebaut, direkt gegenüber fanden einige Informationsstände ihren Platz: die Aidsberatung Niederbayern, die Hochschulgruppe für Nachhaltigkeit, der Passauer Kultur Jam und der Gemeinsam leben & lernen in Europa e.V. versorgten die Besucher dort nicht nur mit spannendem Info-Material, sondern unter anderem auch mit Quizes und Gewinnspielen, oder kleinen Leckereien.
Das Forellentheater eröffnete die Vorrunde des Impuls-Festivals in der Redoute und repräsentierte an diesem Abend die Passauer Musikszene, aus der die beiden Bandmitglieder Hanno und Flo stammen. Die beiden ehemaligen Passauer Studenten haben sich erst im vergangenen Jahr zusammengefunden und seitdem schon unter anderem auf dem Schwerelos und Rosa Laub Festival gespielt. Der Name des Duos ist mehr oder weniger durch Zufall bei einem lustigen Abend mit Freunden erfunden worden, weil sie schnellstmöglichst einen brauchten, um sich bei Festivals bewerben zu können.
Mit unaufgeregten Gitarrenklängen, Witzeleien zwischen den Liedern und einem Hang zum leicht nervösen Lachen von Hanno strahlen die Beiden eine Bodenständigkeit aus, die man bei anderen Auftritten und einem gewaltigen Ego der Künstler vermisst. Das eher entspannte Konzert bildete den Auftakt für das Festival. Flo selbst zeigte sich sehr zufrieden: „Mir hat es super gefallen. Der Auftritt war natürlich hammer in so einer tollen Location.“
Nach einer kleinen Pause legte dann die tiefbayrische Band Heischneida los – so bayrisch, dass man als Nicht-Bayer weder die Songtexte noch das Gerede verstehen konnte. Witzig war’s trotzdem. Permanent lud der Sänger der fünfköpfigen Band die Besucher dazu ein, mit ihm zu singen, zu tanzen und zu feiern. Er konnte sie sogar zu einer Polonaise ermutigen: Schnurstracks hüpfte er von der Bühne, schnappte sich die ersten Fans und begann mit der wilden Menschenkette, die sich am Ende durch den ganzen Saal zog. Von der kleinen Karnevalseinlage über Pop bis hin zu Rock legte die Band einen bunten Musik-Mix hin und hielt die gesamte Spielzeit die Stimmung aufrecht. Die Besucher bildeten Moshpits, die Masse tanzte ausgelassen, und die Bandmitglieder tobten gleich mit.
Im leichten Kontrast dazu stand die Münchener Band Die Sauna, die mit ihrer energiegeladenen Musik zwar gewaltig Stimmung machte und die Leute zum tanzen brachte, aber trotzdem eine gewisse Distanz zwischen Publikum und Sänger nicht abbauen konnte. Als der Sänger sich mit einem Bier begoss und dabei mit aufforderndem Blick in die Menge starrte, erhielt er nur etwas verunsicherten Applaus als Antwort. Alles in allem aber ein gelungener erster Abend.
Den zweiten Abend eröffneten dann The Smoking Pipes in der Guntherburg, Stacia im Zauberberg und Dota im Redoute Theater um 19:30 Uhr.
Die Singer-Songwriterin Dota aus Berlin ist seit acht Jahren bereits in der Musikwelt unterwegs und hat dementsprechend genügend Bühnenerfahrung sammeln können, um auch ohne Star-Allüren ihre Songs vorzutragen. „Unsere aktuelle Platte ist ganz schön fatalistisch geworden“, bemerkte Dota, während sie ihre Gitarre für das nächste Lied stimmte. Umringt von ihren Bandmitgliedern, einem Schlagzeuger, Bassisten und Keyboarder erzählte die Frontfrau von Anekdoten und Geschichten zu den jeweiligen Songs. „Eigentlich ist Fatalismus nicht wirklich hilfreich. Als sehr viel wichtiger erachte ich Solidarität“, sagte Dota und stimmte damit Raketenstart an. Ein Lied, in dem Dota davon singt, wie nur die Reichsten einer unausweichlichen Katastrophe entkommen können: „Das Raumschiff hebt ab, ein paar Elende klammern von außen verzweifelt daran. Nicht zwei von jeder Art, nein, wir retten nur uns und vielleicht nicht mal das, was für ein schlechter Plan.“ Auf Drahtseil hingegen spricht Dota die Nicht-Scheitern-Dürfen-Mentalität der Gesellschaft an, wenn sie singt „und unten stehen die Leute und sie wollen so gerne sehen wie du fällst.“ Der Umgang mit der eigenen Freiheit, aber auch die ungleiche Verteilung dieses wertvollen Guts wird zum Titelthema des Konzerts und sickert aus all ihren Liedern heraus.
Wenn sich aber in der Redoute Menschen zusammenzufinden, um sich mit geschlossenen Augen den Klängen der Musik hinzugeben; wenn ihre Beine dazu im Takt wippen und wiegen und ein leichtes Lächeln auf den Lippen liegt, dann bestätigt sich Dotas Aussage zur Wichtigkeit kultureller Veranstaltungen wie der des Impuls Festivals: „Musik kann so viel Trost und so viel Freude spenden. Es ist das Schönste, was es gibt. Singen und Tanzen – was ist mehr Ausdruck von Lebensfreude?“
Auch The Smoking Pipes legten einen eindrucksvollen Auftritt in der Jugendburg St. Gunter hin. Die Newcomer Band aus Passau spielt eine harmonische Mischung aus Blues, Funk, Rock und Jazz und fällt besonders mit der musikalischen Verstärkung durch Trompete und Saxophon auf. Der Raum war voll, die Fans begeistert und die Bandmitglieder sichtlich zufrieden. Die Sängerin überzeugte mit ihrer ausdrucksstarken, kräftigen Stimme, die perfekt zu dem Instrumentalensemble passte. Der modische 80er Jahre-Hippie-Stil, der die ganze Band prägte, passte an diesem Abend perfekt zu dem jungen Passauer Publikum.
Das Schöne am Impuls-Festival ist, dass man durch dieses Klangkarussel an einem Abend die verschiedensten Locations Passaus kennenlernen kann.
So spielten um 19:45 Uhr Tristian Urban in der Heiliggeistkirche, ab 20 Uhr Ferge x Fisherman im Zeughaus und ab 20:15 Uhr Hannah & Falco im Café Museum. Weiter ging es um 20:45 Uhr mit Me & Ross im Zauberberg, mit Noise in der Guntherburg, Jahcoustix in der Heiliggeistkirche und um 21 Uhr mit Mark Peters in der Soiz Galerie.
Der Reggaekünstler Jahcoustix war mit seinem Solo-Programm „Looping my Religion“ zu Besuch. Mit seiner Gitarre und seiner Loop-Station ausgestattet, saß der Sänger auf einem einfachen Stuhl alleine unter der goldenen Jesusfigur, die von der Decke hing. Sehr bodenständig und selbstbewusst erzählt er von sich und seinem Weg zu diesem Auftritt, lacht darüber, dass der Merchstand der Künstler in der Kirche direkt neben dem Beichtstuhl sei. Er erklärte, was eine Loop Station ist, und stellte unter Beweis, wie perfekt er die zuvor gespielten Sequenzen für sein Konzert zu nutzen weiß. Aber auch durch seine Stimme selbst und einigen Beatbox-Elementen rundete er seine Reggaesongs exzellent ab. Schade nur, dass die Location bestuhlt war, denn das Publikum war sichtlich in Stimmung, sich hemmungslos zu dem sommerlichen, friedlichen Sound zu bewegen.
Um 21 Uhr ging es im Zeughaus weiter mit Listen to Leena, um 21:30 Uhr in der Redoute mit Jesper Munk und im Café Museum mit Felix Kramer.
Verglichen mit den Perfomances der verschiedenen Bands, wirkte Jesper Munk etwas verloren so alleine auf der Bühne. In seiner schwarzen Cordhose steckte ein weites, weißes Hemd, das so weit aufgeknöpft war, dass ein tätowierter Schriftzug auf seiner Brust ab und zu zu sehen war. So stand er lächelnd auf der Bühne. Mit einem verträumten, sanften Mix aus Blues, Rock, Soul und Funk verzauberte er seine Zuhörer – und sicher auch seinen Vater und seine Oma, die ebenfalls im Publikum zuhörten. So schön seine Musik auch war, wirklich zum tanzen lud sie nicht ein, so dass man den jungen Künstler vielleicht eher in einer bestuhlten Location, wie der Heiliggeistkirche, hätte genießen können.
Es war bereits 22 Uhr, als Refugee Rap Squad im Zauberberg, Ghetto Royal in der Guntherburg und Maxi Pongratz mit ihrer Show anfingen – die Zeit verging bisher wie im Fluge. Für einen krönenden Abschluss sorgten Gudrun von Laxenburg, Kreisky, Minipax, Some Sprouts und Paradiso in den letzten Locations, bis es dann weiter zur Afterparty im Institut ging.
Mit den pullmeup-Jungs konnte man noch bis spät in die Nacht in der alten Lagerhalle in der Bahnhofsstraße feiern. Bekannt sind die beiden DJs durch ihren vielseitigen Mix aus allen möglichen Musikrichtungen verschiedener Epochen. Die einen fasziniert diese Mischung, die anderen langweilt sie. Insgesamt aber ein passender Abschluss, da irgendwann irgendwie mal für jeden etwas dabei gewesen sein muss.
Wir sind schon wieder gespannt, was das 5. Impuls Festival im nächsten Jahr zu bieten hat.