Wir befinden uns im tiefen indischen Dschungel, eine mysteriöse Schlange namens Ka beginnt mit der Erzählung. Währenddessen sehen wir, wie der brutale Tiger Shir Khan hinter panisch schreienden Menschen her ist. Schließlich bricht er das Gesetz des Dschungels und tötet einige von ihnen. Doch ein kleines, süßes Baby mit großen, dunklen Augen lässt er zurück. Das Baby wird von einem riesigen Panther bei einem Wolfsrudel ausgesetzt. Die Wolfsmutter Akela beruft den Rat der Wölfe ein, um darüber zu entscheiden, ob der Kleine bei ihnen bleiben darf oder nicht – und das Waisenkind Mogli darf bleiben.
Die Tiere sind düster, fast angsteinflößend; sie haben zerzaustes, verklebtes Fell. Die Geschichte wird anders erzählt, als wir sie kennen. Nicht so, wie man das Dschungelbuch aus den Disney-Trickfilmen und der Realfilm-Verfilmung von Jon Favreau aus dem Jahre 2016 in Erinnerung hält. Warum? Der Netflix Film „Mogli: Legende des Dschungels“ orientiert sich sehr stark an der ursprünglichen Romanvorlage von Rudyard Kipling.
Der Bär Balu und der Panther Baghira lehren dem Menschenjungen die harten Regeln des Dschungels, während er den Schutz des Wolfsrudels genießt. Nur einige Wolfswelpen lehnen ihn ab und schikanieren ihn, weshalb sich Mogli mit dem Albinowolf Bhoot verbindet, der ebenfalls von seinen Brüdern gepiesackt wird. Auch die anderen Tiere zeigen sich oft grausam, gehässig und gnadenlos. Ein Kinderfilm ist diese Inszenierung definitiv nicht. Sogar der sonst so liebevolle und hilfsbereite Balu verkörpert hier eher einen erbarmungslosen und eisernen Charakter.
Trotzdem sind es Szenen wie jene, in der Mogli einem vermoosten, faltigen Elefanten hilft ein Junges aus einer Grube zu holen, die den Film doch wieder berührend und ergreifend machen. Der Film wirkt realistisch, keineswegs beschönigend. Die Tiere, auch die, die auf Moglis Seite stehen, wollen ihn davon überzeugen, zu seinesgleichen, ins Dorf der Menschen, zurückzukehren.
Als Mogli die Prüfung, die die Welpen zu richtigen Wölfen macht, nicht besteht, weil Baghira es ganz klar darauf abgezielt hat, ihn scheitern zu lassen, ist die Trauer in den Augen des Menschenjungen und seiner Wolfsmutter groß. Auch Balu war sichtlich wütend über Baghiras verhalten, weshalb die beiden in einen gewaltsamen Streit geraten, bis der Albino Bhoot die beiden zu Hilfe ruft, um Mogli aus der Gefangenschaft der Affen und Shir Khan zu befreien. Der Film bleibt blutrünstig, graumsam und traurig, vor allem, als dann sogar Mogli Bhoot anfeindet.
Für Disney-Dschungelbuch-Fans wird „Mogli: Legende des Dschungels“ wohl eher eine Enttäuschung sein. Nach der Hälfte des Films, als Mogli schließlich das erste Mal im Dorf der Menschen angelangt ist, ist die Spannung langsam verloren. Auch wenn er sich auf schauspielerischer und technischer Ebene sehen lassen kann: Mehr als einmal muss man sich den Film nicht ansehen.