Das kleine Festival in Unterfranken feierte dieses Jahr Jubiläum
„Endlich mal ein Festival, nicht in Großstadtnähe, sondern da wo es mehr Festivals braucht“, rief Jakob Amr, Sänger der Indieband Leoniden von der Bühne. Die Menge stimmte jubelnd zu. Vom kleinen Festivalgelände aus sind sogar noch die Häuser des Dorfes zu sehen. „Ab geht die Lutzi“ findet seit mittlerweile zehn Jahren in Rottershausen, in Unterfranken statt. Ganz familiär genossen rund 10.000 Besucher von Donnerstag, 13.05 bis Samstag, 15.06 das entspannte Festival am Waldesrand.
Obwohl das Festival klein und gemütlich ist, ging die Lutzi dennoch ab. Und das nicht nur im übertragenen Sinne. Die Lutzi, die seit Anfang an das Gesicht des Festivals ist, ließ es sich auch dieses Jahr nicht nehmen ordentlich mitzufeiern. So konnten die Besucher am Freitag während einer Schnitzeljagd mit ihr Kuchen essen und Bier trinken. Danach ging sie nicht ins Bett, sondern tanzte am Abend noch mit dem Headliner auf der Bühne. Aber nicht nur die Antilopengang am Freitag sondern auch die Donots am Samstag hatten das Vergnügen mit der lebhaften älteren Frau aus dem Dorf auf der Bühne zu stehen. Ingo Knollmann, Leadsänger der Punkgruppe Donots, forderte für Lutzi sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag als Persönlichkeit des Dorfes.
Aber die Musiker stellten nicht nur kuriose Forderungen, sondern lieferten auch ab. Getreu dem Motto: „Was gefällt, wird gebucht“ ohne Rücksicht auf Genres, waren von Punkrock über Indiepop und Folk bis hin zu HipHop Künstler verschiedenster Musiker vertreten. Neben den Headlinern Antilopengang und Donots spielten auf drei Bühnen, ebenfalls Bands wie Massendefekt, Leoniden, Adam Angst, der Rapper Fatoni und auch Lokale Künstler. Egal wer gerade auf der Bühne stand, das Publikum war immer mit Spaß dabei und unterstützte die Künstler mit Gesang und guter Stimmung. Mal wurde ausgelassen getanzt und crowd gesurft, wie beispielsweise bei Leoniden, den Donots oder Tequila and the Sunrise Gang. Im Gegensatz dazu lag sich die Menge bei anderen Künstlern, wie Tim Vantol in den Armen und sang mit.
Wenn gerade nicht die eigene Lieblingsband spielte, bot das Gelände neben einem kühlen Bier auch einen Wald mit Shisha-Lounge und einen kleinen Markt zum bummeln. Es gab neben informativen politischen Ständen, wie “Kein Bock auf Nazis” auch einfache Verkaufsstände. Auch Organisationen wie Viva con Agua oder Mindzone waren vertreten und zeigten mit Spiel und Spaß, wie sie arbeiten. Das komplette Areal wurde mit ganz viel Liebe zum Detail von den Freiwilligen Helfern gestaltet. Auch die sonstigen Aufgaben wie Ordner, Einweiser, Verkauf und Backstage übernahmen Freiwillige. Alle halfen zusammen und zogen ein wunderschönes Festival hoch. Die Bands zeigten sich von der entspannten Atmosphäre begeistert. „Alles total super. Ich würde jederzeit wiederkommen“, sagt der Holländer Tim Vantol.
Doch nicht nur vor den Bühnen ging die Lutzi ab, sondern auch auf dem Campingplatz. Eine Party reihte sich an die nächste. Die einen spielten Flunkyball und die anderen starteten eine riesige Polonaise an den Zelten vorbei. Wer es lieber etwas ruhiger mochte konnte sich zu einem Wohnzimmerkonzert unter einem der vielen Pavillons gesellen und anderen Gästen auf der Akustikgitarre zuhören. Für die, die das immer noch zu anstrengend fanden, gab es auch eine eigene Sauna auf dem Campingplatz, wo sich jeder eine Auszeit bei 90 Grad gönnen konnte.
Trotz der vielen Partys blieb das Gelände immer sauber und jeder half ein bisschen mit. Auch mit den Sanitäranlagen gab es keine Probleme, da der Veranstalter ausreichend saubere Toiletten und Duschen aufgestellt hatte. Wer jedoch ein wenig Luxus auf dem stillen Örtchen haben und gleichzeitig noch eine gute Sache unterstützen wollte, konnte auch das Angebot von Goldeimer wahrnehmen. Das umweltfreundliche Projekt von Viva con Agua setzt sich für saubere Klos auf der ganzen Welt ein. Für ein Entgelt, das in Sanitär-Projekte im globalen Süden fließt, konnten die Festivalbesucher auf ein sauberes kompostierbares Klo gehen. Außerdem wurde es bei Goldeimer nie langweilig, denn sogar vor den Klos fand immer eine Party mit Musik statt. Und die Lutzi, die bei diesem Festival keine Floskel, sondern Symbolfigur ist, wird nächstes Jahr in Rottershausen sicher wieder abgehen und zum gemeinsamen Kuchen oder Bier und Musik einladen.
Fotos: Janina Hupfer