Foto: Jasmin Schäfer

„Geschichten haben die Menschen schon immer gerne erzählt“ – Jasmin Schäfer über ihr Volontariat bei einem Verlag

Jasmin Schäfer ist 22 Jahre alt und hat 2021 ihr Bachelorstudium Medien- und Kommunikation an der Uni Passau absolviert. Mittlerweile macht sie ein Volontariat bei einer Verlagsgruppe und gibt uns einen kleinen Einblick in die Buchbranche und ihren Arbeitsalltag als Volontärin im Verlagswesen.

 

Welches Volontariat machst du genau und wie bist du dazu gekommen?

Ich mache ein Volontariat zur Pressereferentin in einer Verlagsgruppe. Als in meinem Studium das Pflichtpraktikum anstand, wusste ich bereits, dass ich dieses gerne im Bereich PR-Arbeit absolvieren möchte. Da ich privat total gerne lese und schreibe, habe ich mich auf der Suche nach einem solchen Praktikumsplatz bei Verlagen umgesehen. Nach einer Initiativbewerbung habe ich dann tatsächlich ein Praktikum bei der Verlagsgruppe bekommen, bei der ich inzwischen auch mein Volontariat mache. Über das Praktikum während meines Studiums bin ich also auch zu meinem jetzigen Volontariat gekommen.

 

Wie sieht der Arbeitsalltag als Volontärin in der Presseabteilung eines Verlags aus und was sind deine täglichen Aufgaben?

Die klassische Pressearbeit besteht im Großen und Ganzen darin, den Kontakt zu Journalist:innen aufzubauen und zu pflegen und diesen unsere Buchtitel vorzustellen. Insgesamt steckt aber natürlich noch etwas mehr dahinter. Unsere Verlagsgruppe gibt pro Jahr ungefähr 600 Titel heraus, die wiederum über das gesamte Jahr verteilt erscheinen. Unser Arbeitsalltag in der Presseabteilung organisiert sich daher monatsweise. Man betreut pro Monat einige Titel und arbeitet auf den Erscheinungstermin dieser hin. Zu Beginn dieses Prozesses setzen wir uns zuerst mit den Autor:innen zusammen und besprechen die Pressearbeit, die für ihr Buch geplant ist. Hier können die Autor:innen auch einbringen, was ihnen dabei besonders wichtig ist und vermitteln uns gleichzeitig ein Gefühl für ihr eigenes Buch und dessen Inhalte. Anschließend wird gemeinsam überlegt, ob und wie das Buch in der Presse platziert werden kann. So eignen sich manche Bücher eher für schriftliche Beiträge in Zeitungen und Magazinen, beispielsweise in Form eines Buchtipps. Andere hingegen, wie zum Beispiel Bücher von größeren, bekannten Persönlichkeiten, bieten sich auch sehr gut für Radio- oder Fernsehinterviews an. Im nächsten Schritt schreiben wir den Pressetext zum Buch und senden diesen an Medien, Redaktionen und Journalist:innen. Innerhalb meines Kollegiums sind natürlich viele bereits mit den Redaktionen und Journalist:innen persönlich bekannt und gehen dementsprechend auch individuell vor. Das bedeutet, man schreibt gezielt diejenigen an, zu denen das jeweilige Buch auch thematisch und inhaltlich passt. Als Volontär:in kann ich mir einen solchen Stamm an Redakteur:innen natürlich erst nach und nach aufbauen, aber im Grunde sind dies die ersten Schritte der Presseabteilung. Nach der Rückmeldung der Journalist:innen begleiten wir den Veröffentlichungsprozess der Artikel. Dafür verschicken wir meistens Rezensionsexemplare, vermitteln den Kontakt zu unseren Autor:innen und koordinieren Termine, wenn zum Beispiel Interviews geplant sind.

Inzwischen hat es sich auch ergeben, dass ich neben der klassischen Pressearbeit auch den Social Media-Auftritt eines unserer Imprints betreuen darf. Es handelt sich dabei um einen kleineren Belletristik-Verlag, welcher auch einige Bücher von Buchbloggern herausgibt, weshalb sich Plattformen wie Instagram natürlich besonders zur Vorstellung ihrer Titel eignen. Hier plane ich gemeinsam mit den Autor:innen den Social Media-Content zu ihrem Buch, wie Cover Reveals oder gemeinsame Livestreams anlässlich ihres Buch-Releases auf Instagram. 

 

Was macht dir bei deiner Arbeit am meisten Spaß?

Bei der redaktionellen Pressearbeit ist es natürlich immer am schönsten, wenn man Rückmeldung von Journalist:innen erhält. Besonders aufregend ist es auch, wenn ein größerer Artikel zu dem Buch erscheint das man selbst gerade betreut. Beispielsweise habe ich für einen unserer Titel ein Autoreninterview in der Süddeutschen Zeitung organisiert. So etwas freut dann natürlich einerseits den Autor, aber andererseits auch mich selbst, da ich sein Buch von Anfang an betreuen durfte und es mir auch persönlich besonders gut gefallen hat.

Bei der Betreuung des Social Media-Auftritts unseres Belletristik-Verlags macht mir eigentlich fast alles Spaß, gerade weil ich auch persönlich auf Instagram aktiv bin und es daher wie ein Hobby für mich ist. Außerdem sind die Geschichten die in diesem Verlag erscheinen natürlich immer Herzensprojekte von den Menschen, die hinter diesen Büchern stecken. Gerade wenn es sich um einen Debütroman handelt, geht bei der Veröffentlichung des Buches oft ein Lebenstraum für die Autorin oder den Autor in Erfüllung – das ist dann natürlich auch für mich immer besonders schön mitzuerleben.

 

Sind in der Verlagsbranche alle Mitarbeiter:innen lesebegeisterte Bücherwürmer?

Auf mich persönlich trifft das tatsächlich zu, da ich ja auch über meine Liebe zum Lesen und Schreiben auf den Verlag gekommen bin. Tatsächlich würde ich aber sagen, dass es ganz abhängig vom Verlag ist und auch davon welche Genres dieser bedient. Unsere Verlagsgruppe veröffentlicht hauptsächlich Sachbücher, sodass bei uns viele Menschen arbeiten, die eher an den Themen interessiert sind und weniger an Büchern im Allgemeinen, wobei natürlich bei den meisten trotzdem ein grundsätzliches Interesse für Bücher vorhanden ist. In unserem Belletristik-Verlag findet man hingegen schon einige Bücherwürmer, die sich dann manchmal sogar zu Buddy Reads zusammenschließen und neue Bücher gemeinsam als Gruppe lesen.

 

Trifft die Wunschvorstellung zu, dass man als Verlagsmitarbeiter:in Sneak Peaks in alle unveröffentlichten Bücher erhält und an spannende Hintergrundinfos zu den Geschichten gelangt?

Ja, die Sneak Peeks in die Manuskripte sind tatsächlich auch ein spannender Teil meiner Arbeit. Da wir die Bücher natürlich von Anfang an betreuen, erhalten wir einen Einblick in den gesamten Entstehungsprozess der Geschichte und wie sich diese von einem rohen Manuskript über die Lektoratsdurchgänge bis hin zu dem Roman entwickelt, der dann schließlich gedruckt und veröffentlicht wird. Dadurch dass man ein Buch auf diesem Weg begleitet, freut man sich bei der Veröffentlichung beinahe so sehr wie die Autor:innen selbst.

 

Inwiefern hat dich dein Medien- und Kommunikationsstudium im Hinblick auf das Volontariat im Verlag vorbereitet?

Da der Fokus an einer Universität mehr auf der Theorie als auf der Praxis liegt, hat mich das Studium auf die praktischen Tätigkeiten im Verlag eher weniger vorbereitet. Im Hinblick auf selbstständiges Arbeiten und Selbstorganisation hat mir das Studium hingegen sehr viel beigebracht. In meinem Fall haben mir aber auch besonders die Seminare, die ich zusätzlich beim ZKK an der Uni Passau belegt habe, sehr weitergeholfen. Dort konnte ich beispielsweise lernen Pressemitteilungen zu schreiben oder mir Fähigkeiten im Umgang mit Grafikprogrammen wie Adobe Photoshop aneignen. Auch das Angebot des Sprachenzentrums war besonders hilfreich, da ich dort meine Englischkenntnisse während des Studiums weiter ausbauen konnte. Gerade wenn in meinem Verlag Buchlizenzen aus dem Ausland gekauft werden und wir mit den jeweiligen Autor:innen in Kontakt treten, sind gute Englischkenntnisse  von großem Vorteil.

 

Die Buchbranche wird häufig als veraltet und zu analog angesehen. Wie stehst du zu dieser Ansicht und welche Zukunft sieht du für die Buchbranche?

Das Buch als analoges Medium wird sicherlich auch in Zukunft erhalten bleiben, die Frage ist wohl eher welche Art von Buch und welche Genres sich analog halten werden. Bücher wie Enzyklopädien und Lexika werden jetzt schon immer weniger, da man sie durch das Internet einfach kaum mehr braucht. Auch Bücher die Wissen vermitteln werden inzwischen zunehmend digital als eBook konsumiert.

Geschichten hingegen haben die Menschen schon immer gerne erzählt und gerade in der Pandemie hat sich gezeigt, dass viele Menschen zur Unterhaltung zu Büchern greifen, um sich zu entspannen und abzuschalten. Insbesondere da wir Menschen auch verstanden haben, dass es nicht nur positiv ist, den ganzen Tag am Handy oder Tablet zu verbringen, besonders wenn man auch auf der Arbeit durchgehend vor einem Bildschirm sitzt.

Ansonsten wird die Buchbranche keinesfalls aussterben, sondern sich im Zuge der Digitalisierung auch selbst wandeln. Bücher sind längst nicht mehr nur ausschließlich analoge Medien, denn inzwischen gibt es durch eBooks auch die Möglichkeit, Geschichten digital zu konsumieren. Auch die Vermarktung von Büchern, ganz gleich ob von analogen Büchern oder eBooks, verlagert sich zunehmend ins Internet und auf die Social Media Plattformen. Meine Generation lässt sich vermutlich eher seltener in der Buchhandlung vor Ort beraten, sondern liest Bücher, die auf Instagram empfohlen wurden. Aber an der Tatsache, dass zahlreiche Menschen leidenschaftlich gerne lesen und viele davon auch lieber zum klassischen Buch anstelle des eBook-Readers greifen, wird sich in meinen Augen auch in Zukunft nichts ändern. 

 

Hast du Tipps für diejenigen, die selbst gerne in der Verlagsbranche Fuß fassen wollen?

Da an dem Entstehungsprozess eines Buches unterschiedlichste Abteilungen beteiligt sind, würde ich empfehlen, dass man sich zuerst überlegt für was genau man sich interessiert. Je nachdem, in welcher Abteilung des Verlages man arbeiten möchte, gibt es dann natürlich verschiedene Voraussetzungen, so braucht man im Lektorat häufig ein sprachwissenschaftliches Studium, wie beispielsweise Germanistik. Doch in anderen Abteilungen, ob nun in der Presseabteilung oder im Vertrieb, sind dann eben völlig andere Kompetenzen, Studiengänge oder Ausbildungen gefragt. Das ist jedoch von Verlag zu Verlag unterschiedlich, daher würde ich jedem raten, sich vorab einfach mal über die jeweiligen Verlage sowie deren Abteilungen zu informieren, die für einen selbst in Betracht kommen. 

Ansonsten ist Verlagsbranche relativ offen in dem Sinne, dass man auf unterschiedlichste Arten und Wege dort hinkommen kann. Dem Volontariat im Verlag geht meistens ein Bachelorstudium voraus, es gibt aber natürlich auch Ausbildungen wie die zur Medienkauffrau oder zum Medienkaufmann, die man ebenfalls in einem Verlag absolvieren kann. Dies ist insbesondere dann empfehlenswert, wenn man vielleicht noch gar nicht so richtig weiß, in welcher Abteilung man gerne arbeiten möchte.

Außerdem würde ich sagen: auch mutig sein, sich initiativ zu bewerben! Am wichtigsten ist es einfach, kommunikativ und offen zu sein und Interesse an den Themen mitzubringen, die der Verlag herausgibt, der Rest ist dann wie in vielen anderen Berufen auch „learning by doing“. 

Abschließend kann ich aber auch versichern, dass Verlage nicht nur für Leseratten, sondern auch für alle anderen ein spannender Arbeitgeber sind. Es gibt zahlreiche Verlage die sich mit ganz unterschiedlichen Themen beschäftigen. So haben sich die einen auf Kochbücher spezialisiert, andere wiederum auf Finanzratgeber, und und und… Man muss also nicht immer ein Bücherwurm sein, um in der Verlagsbranche Fuß zu fassen. Solange man sich inhaltlich für die Themen des Verlages begeistert und sich ein zumindest für das Buch als Medium an sich interessiert, ist das Verlagswesen ein Arbeitgeber, den jeder und jede definitiv in Betracht ziehen kann!