Shop-in-Shop-Konzepte erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Kleinunternehmer:innen können dort Ladenfläche mieten und ihre selbstgemachten Produkte anbieten. In Passau lädt das sFachl in der Grabengasse mit diesem Konzept zum Stöbern ein.
Wer das sFachl betritt, wird empfangen von einem Sammelsurium an Nützlichem, Schönem und Skurrilem. Handgemachter Schmuck reiht sich in den Regalen an gehäkelte Stofftiere, Duftstäbchen, Grußkarten und bemaltes Porzellan. Babyschühchen aus Leder wechseln sich ab mit bedruckten Fliesen und Siebdruck-Beuteln. Auf einem Regal thront ein Kerzenständer aus einem Hirschgeweih, im hinteren Teil stapeln sich Bonbons und vegane Schokolade neben einem Kasten voller Ginflaschen – aus lokaler Herstellung, versteht sich.
Vor etwas mehr als einem Jahr hat Michaela Rückl mit ihrer Geschäftspartnerin Sabine Reisinger sFachl in Passau eröffnet. Den beiden gehört außerdem ein weiterer Laden in Linz, Passau sei einfach der nächste logische Schritt gewesen, erklärt Rückl. Die Geschichte der Fachl-Läden begann in Wien, mittlerweile gibt es über 20 Franchises in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Idee hinter den Fachl-Läden ist ein Mietregalkonzept, einzelne Kisten können als Geschäftsfläche gemietet werden. Vor allem für kleine Unternehmen bietet das den Vorteil, ihre Produkte ohne großen Kostenaufwand jenseits von Etsy und eBay zu verkaufen. Die Regale können wochenweise gemietet werden, neben dem Mietpreis fließt auch eine Provision von 10 Prozent an die Betreiberinnen ab.
„Mit den Händen gemacht oder dem Kopf erdacht“
Das Motto der sFachl-Läden lautet „Mit den Händen gemacht oder dem Kopf erdacht“. Wenn das Produkt oder zumindest die Idee dazu nicht selbstgemacht ist, wird es auch nicht verkauft. „Wir sind kein Secondhandlanden und auch kein Wiederverkaufshändler für Amazon“, betont Michaela Rückl.
Im Juli feierte das sFachl einjähriges Jubiläum. Insgesamt sind die Fachlmeisterinnen zufrieden mit ihrem ersten Jahr in Passau, auch wenn durch die Coronapandemie ein Teil der geplanten Einnahmen wegfiel. Aktuell sind circa 170 Fachl vermietet, in der Weihnachtszeit könnten es über 300 werden. In manchen Bereichen muss dann stark selektiert werden. Das Angebot bei Schmuck sei beispielsweise besonders groß. Prinzipiell sei aber jedes Produkt im sFachl willkommen – mit einer Einschränkung: „Legal sollte es natürlich sein“.
Ein klassisches Profil haben die Anbieter:innen, die im sFachl ihre Produkte verkaufen, nicht. Einen Teil machen Studierende aus, aber auch Rentner:innen gehören dazu. Eine Anbieterin ist noch Teenagerin, ihre Mutter kümmert sich um das offizielle Geschäft. Einige Aussteller:innen hatten vorher schon Onlineshops oder verkauften ihre Produkte auf Handwerksmärkten. Neben selbstgemachtem Schmuck stehen auch nachhaltige Produkte hoch im Trend – egal ob feste Shampoostücke, wiederverwendbare Wattepads aus Baumwollte oder Löffel, die durch Upcycling Wiederverwendung als Kerzenhalter finden.
Bauchtaschen aus Fahrradschläuchen
Mit Upcycling – im wahrsten Sinne des Wortes – kennen sich Pia Günther und Johannes Zloch aus. Die beiden Studierenden nähen aus alten Fahrradschläuchen verschiedene Taschen, vom Kartenetui bis zur Bauchtasche. Die Idee kam ihnen schon vor einer ganzen Weile, im Oktober letzten Jahres gründen Pia und Johannes dann ihr Start-Up. Der Name, klar: upcycle.
Bis aus einem Fahrradschlauch eine Bauchtasche wird, sind einige Arbeitsschritte erforderlich. Zunächst müssen unbrauchbare Schläuche aussortiert werden, etwa wenn sie zu viele Löcher haben oder die Fläche nicht ausreicht. „Rennradschläuche lohnen sich kaum, weil sie zu klein sind.“, erklärt Pia den Prozess. Anschließend müssen die Schläuche gewaschen werden, denn oft sind sie durch Talkumpulver und Öl verschmutzt. Nach dem Waschen kann sich Pia dann endlich an die Nähmaschine setzen. Sobald der Schlauch einmal aufgeschnitten und ausgebreitet ist, lässt er sich verarbeiten wie ein ganz normales Stück Stoff. Die Schnittmuster haben Pia und Johannes selbst entwickelt. Eine knappe Stunde dauert das Nähen einer Bauchtasche. Aktuell lebt Pia zwar in Wien, arbeiten kann die Studentin aber überall: „Die Werkstatt ist da, wo meine Nähmaschine ist“.
Mittlerweile kooperiert upcycle mit lokalen Fahrradwerkstätten und Läden, erzählt Johannes. „Die haben eine Kiste für uns und sammeln ihre alten Fahrradschläuche, die sonst weggeworfen würden“. Seit dem Sommer verkaufen die beiden ihre upcycle-Produkte im Fachl, Kooperationen mit lokalen Fahrradläden sind auch geplant. Bevor die beiden ihr Fachl gemietet haben, lief der Verkauf nur über den eigenen Onlineshop. Schon jetzt ist ein deutlicher Anstieg an Verkäufen bemerkbar, erklärt Pia. „Das Material ist nicht so bekannt und jetzt kann man es vor Ort anfassen und angucken. Das kommt bei den Leuten gut an, die sonst vielleicht gezögert haben.“
Hinweis: Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit der PR Clinic 2022.