Durch eine gute Freundin wurde ich vor vier Jahren auf Kpop aufmerksam. Musik aus Südkorea, bekannt für kreative und bunte Musikvideos, einprägsame Melodien, aufwendige Tanzchoreographien – und eine komplett verrückte Industrie. Nach dem internationalen Durchbruch der koreanischen Musik, erschien auch Musik aus anderen asiatischen Ländern in Europa und Amerika. Heute hören junge Menschen neben koreanischer Musik auch japanische, thailändische, vietnamesische, philippinische und kasachische Musik. Weiterhin unbekannt bleibt im Westen jedoch Musik aus chinesischsprachigen Ländern.
Cpop im Allgemeinen
Cpop steht für chinesischen populären Pop. Er kommt aus Regionen, in denen Chinesisch gesprochen wird. Nicht nur aus China selbst, sondern auch aus Taiwan, Hongkong, Macau, Singapur und Malaysia. Chinesisch umfasst in diesem Sinne nicht nur Mandarin, sondern alle chinesischen Sprachen und Dialekte. Es kommt also nicht selten vor, dass man über ein Lied stolpert, das in Kantonesisch oder Hokkien gesungen wird. Aus diesem Grund sind auch in fast jedem Musikvideo Untertitel vorhanden, da sich alle chinesischen Dialekte die gleichen Zeichen teilen.
Wie auch Kpop ist Cpop ein Überbegriff für alle möglichen Arten der Musik: Pop, Pop Punk, Rock, Rap, Hiphop, R&B, EDM und viele mehr. Vom Klang lässt sich chinesische Musik von westlicher, koreanischer und japanischer Musik inspirieren, verbindet sie aber oft mit traditionellen Elementen, wie chinesischen Instrumenten, chinesischer Oper und traditioneller chinesischer Kleidung. Ein gutes Beispiel ist hierfür die Musik von LAY.
Die drei Kategorien chinesischer Musik
Man kann chinesischsprachige Musik in drei Kategorien einteilen. „Traditionelle Pop Musik“ ist ruhig, friedlich und manchmal leicht melancholisch. Der Text ist komplett auf Chinesisch und die singende Person wird nur von Klavier, Geige, Gitarre oder anderen orchestralen Instrumenten begleitet. Die Stimme steht im Vordergrund und die Musikvideos erzählen eine Geschichte.
„Moderne Pop Musik“ ist ähnlicher zu der Musik, die wir in Europa und Amerika im Alltag hören. Chinesisch und Englisch sind vermischt, teilweise finden es sogar spanische Zeilen in den Text. Die Melodien sind lebendiger und lauter. Neben der Stimme stehen nun auch häufiger Tanzen und Performen im Vordergrund.
„Idol Pop Musik“ ist inspiriert von koreanischem Pop. Sänger und Sängerinnen sind Teil einer Industrie, in der junge Menschen im Singen, Tanzen, Performen und dem Auftreten vor Medien ausgebildet werden. Häufig werden sie in Gruppen zusammengeschlossen, treten in Musikshows auf und hoffen in der Musikwelt erfolgreich zu werden.
Auch heute noch erfreut sich „Traditionelle Pop Musik“ großer Beliebtheit, trotzdem ist eine Entwicklung in Richtung „Moderne Pop Musik“ und „Idol Pop Musik“ auffällig.
Vielfalt auch im Aussehen
Eigentlich ist dieser Punkt selbstverständlich. Weil aber wahrscheinlich gerade Menschen, die Kpop kennen, diesen Artikel lesen werden, dachte ich wäre es doch gut ihn anzusprechen. Während man in der südkoreanischen Musikwelt stark auf das Äußere von Sänger:innen und das Erfüllen von Schönheitsmerkmalen achtet, ist dies in der chinesischen Musikwelt nicht so stark ausgeprägt. Einerseits weisen China und chinesischsprachige Länder eine Fülle von verschiedenen Klima- und Vegetationszonen auf, an die sich das Aussehen anpassen muss. Andererseits scheint die Akzeptanz von alternativeren Stilen in der Gesellschaft höher zu sein. Es gibt Sängerinnen wie Jike Junyi, Jiang Yingrong und Qu Ying mit dunklerer Haut. Sängerinnen wie Zhong Feifei, Tang Yuqi und Yu Zhang mit wilden Locken, viele Sänger mit langen Haaren und einem leicht femininen Aussehen und Sängerinnen mit kurzen Haaren und einem mehr maskulinen Auftreten, so beispielsweise Liu Yuxin, Lisi Danni und Lu Keran. Viele der wirklich erfolgreichen Sänger:innen sind auch schon über 30, teilweise über 40 und 50. Ein Alter, in dem viele südkoreanischen Sänger:innen in den Hintergrund treten.
Allerdings muss man anmerken, dass immer mehr Sänger:innen versuchen, auf einem nicht immer natürlichen Weg, Schönheitsmerkmale zu erfüllen und dies, wie auch das zunehmend feminine Aussehen von Männern, der Regierung Chinas ein Dorn im Auge ist.
Musikshows, das Herzstück der Musik aus China
Im Kontrast zu Sänger:innen aus Taiwan, Hongkong, Macau, Singapur und Malaysia, die vor allem durch ihre Lieder und Alben bekannt bleiben, konzentrieren sich Sänger:innen aus China mehr auf die Teilnahme an Musikshows. Sie gibt es wie Sand am Meer und in allen möglichen Ausprägungen. Da wären Rapshows wie „Rap of China“, „New generation hiphop project“ und „Girls like us“. Gesangsshows wie „Singer“, „Infinity and beyond“, „The treasured voice“ und „The flash band“. Und natürlich Idolshows wie „Youth with you“, „Chuang“ und „Stage Boom“. Momentan läuft die vierte Staffel von „Sisters who make waves“, einem Format in dem 33 bereits erfolgreiche Sängerinnen, Tänzerinnen und Schauspielerinnen die Möglichkeit haben, zusammen außergewöhnliche Performances auf die Bühne zu bringen. Das schöne an diesen Musikshows sind vor allem die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Teilnehmer:innen und die inspirierende Art wie die Teilnehmer:innen ihre Träume verfolgen. Hinzukommen aber natürlich auch die Performances, der musikvideo-würdige Schnitt und das Stage Design. Man sieht den Musikshows an, wie viel Mühe und Kosten in sie investiert werden.
Internationalität in der chinesischen Musikwelt
Immer mehr chinesische Musikshows laden auch ausländische Sänger:innen zu sich ein. Allein in der Boygroup INTO1, die 2021 in der Show „Chuang“ debütierte, findet man drei Mitglieder mit japanischer Nationalität, zwei Mitglieder mit thailändischer Nationalität, zwei Mitglieder mit amerikanischer Nationalität und ein Mitglied mit deutscher Nationalität. In ihren Liedern singen sie meistens auf Chinesisch und Englisch, manchmal aber auch ein paar Zeilen in ihrer jeweiligen Muttersprache. Natürlich gibt es auch Kollaborationen zwischen chinesischsprachigen Künstler:innen und Musiker:innen aus Europa und Amerika. So zum Beispiel „Storm“ von Wu Qingfeng mit AURORA, „Despacito“ von JJLin mit Luis Fonsi, „Sheep“ von LAY mit Alan Walker oder „Equal in the darkness“ von Jolin Tsai mit MAX und Steve Aoki. Auch Musikvideos spielen immer mal wieder im Ausland.
Aber warum ist Cpop hier dann so unbekannt?
Viele Gründe spielen hier eine Rolle. Einerseits möchten die meisten Menschen immer noch Musik hören, die sie verstehen und bei der sie mitsingen können. Andererseits beschränken sich die meisten chinesischsprachigen Künstler:innen mit ihren Tourneen auf Asien. Was auch nicht ganz auszuschließen ist, ist, dass wir der chinesischen Musikwelt aufgrund der Regierung Chinas skeptisch gegenüberstehen. Das jedoch ausschlaggebendste, zumindest in meinen Augen, ist die Internetzensur in China. Musikvideos von chinesischen Sänger:innen werden erst seit kurzem immer häufiger auf YouTube hochgeladen. Zuvor wurde dies meistens von Fans übernommen, die die Videos illegal von anderen Plattformen kopiert hatten. Auch auf Instagram wird man keine Sänger:innen aus China finden. Dafür nutzen sie Weibo, eine App, auf der sie Bilder wie auch Vlogs und Musikvideos posten. Ich kann also jedem Neugierigen wärmstens ans Herz legen, sich Weibo auf Englisch herunterzuladen, um immer up to date zu bleiben.
Wenn ihr gern mal in Cpop reinhören würdet, könnt ihr auf unserem Spotify Account vorbeischauen. Wir wünschen Euch viel Spaß!