Mit dem Zug reisen gilt als nachhaltig und bequem. Doch Verspätungen und Zugausfälle sind auf nahezu jeder Reise an der Tagesordnung, die Tickets werden erneut teurer. Neue Gesetze und Regelungen, Sanierungsarbeiten und einstweilen viel Geduld sollen Abhilfe schaffen. Kann so die nachhaltige Mobilität der Zukunft aussehen?
Ein lautes Quietschen ertönt. Gemächlich, als hätte sie alle Zeit der Welt, tuckert die alte, rote Diesellok auf dem Gleis voran, bis sie schließlich zum Stehen kommt. Brummend steht sie da, die Abgasschwaden breiten sich um sie herum aus und vermischen sich mit dem Nebel. Es ist ein kalter Wintermorgen, kurz nach 8 Uhr. Zahlreiche Menschen stehen am Bahngleis 3 des Passauer Hauptbahnhofs. Eingemummelt in ihre Winterjacken und Schals warten sie ungeduldig darauf, dass der Zug die Türen öffnet. Manche haben große Reisekoffer dabei, andere halten nur die Papiertüte vom Bäcker in der Hand. Ein kleines Kind schreit laut, ein Mann neben mir beißt genüsslich in seine stark riechende Wurstsemmel. Ein Krächzen aus den Lautsprechern reißt mich aus meinen Gedanken: „Der RE3 nach München Hauptbahnhof. Abfahrt um 08:19 Uhr auf Gleis 3.“ Ich steige ein, suche mir einen Platz auf der rechten Seite am Fenster. Dann kann ich während der Fahrt auf die Donau schauen. „Herzlich Willkommen im Donau-Isar-Express. Nächster Halt ist Vilshofen. Wir starten heute mit einer Verspätung von fünf Minuten“, verkündet die nuschelnde Stimme der Schaffnerin über die Lautsprecher des Zugabteils. Sie klingt blechern, fast so, als wäre es eine schlechte KI-Stimme.
Wie oft bin ich mittlerweile schon diese Strecke gefahren, München – Passau, der Donau-Isar-Express der Deutschen Bahn? Ich weiß es nicht mehr, habe längst aufgehört zu zählen. Die Strecke ist eine der meistbefahrenen in Bayern. Eines weiß ich aber: Es wird für mich sicherlich nicht das letzte Mal sein. Das gilt nicht für die beiden anderen Strecken, die ich oft im Zug passiere: Dank der bald beginnenden Generalsanierung der Passauer Stammstrecken in Richtung Nürnberg und Regensburg sollen die Gleise für eine Weile gesperrt sein. Ich werde so lange auf den Schienenersatzverkehr zurückgreifen müssen, genauso wie viele andere Fahrgäste, was voll gequetschte Busse und vermutlich viele Stunden im zähflüssigen Verkehr auf der A3 bedeuten wird. Dort also, wo man teilweise wirklich nur noch Abgaswolken und rote Rücklichter vor sich sieht. Nachhaltiges und umweltschonendes Reisen sieht anders aus. Dabei wirbt die DB doch unter anderem genau damit. Ist die anstehende Generalsanierung nicht also eigentlich etwas Positives? Müssen wir die vorübergehenden Erschwernisse und Nachteile im Reiseverkehr wohlwollend in Kauf nehmen, mit der Hoffnung auf deutliche Verbesserungen und mehr Nachhaltigkeit im Folgenden?
Nachhaltiger Bahnverkehr als Thema in der Uni
Vor ein paar Wochen saß ich noch in der Universität im Hörsaal bei einer Ringvorlesung zum Oberthema Nachhaltigkeit. Prof. Dr. Urs Kramer vom Lehrstuhl für Öffentliches Recht referierte über das Bundesmobilitätsgesetz und den Deutschlandtakt, als eine Möglichkeit für einen nachhaltigen Eisenbahnverkehr in Zukunft. „Die Infrastruktur ist in einem völlig desolaten Zustand und auch darauf beruhen einige Verspätungen. Die DB ist in den letzten Jahren auf Verschleiß gefahren“, erklärte er. Soll heißen, dass in den letzten Jahrzehnten nur die nötigsten Probleme an den Gleisen und in anderen Bereichen in der Bahninfrastruktur ausgebessert wurden. Und jetzt geht es gar nicht mehr, die teils mehr schlecht als recht, eher notdürftig reparierten Stellen geben endgültig den Geist auf. Zu lange haben die Verkehrsminister der Vorgängerregierungen nur auf die Straße gesetzt und nicht auf die Schiene, wobei selbst das nur unzureichend erfolgte. Der heutige Zustand des Schienenverkehrs ist also unter anderem auch ein Ergebnis jahrzehntelanger Versäumnisse und Fehlinvestitionen.
Generalsanierung des deutschen Schienennetzes
Das soll nun geändert werden. Deutschlandweit sollen in den nächsten Jahren laut dem Bundesverkehrsminister Volker Wissing rund 4.000 Streckenkilometer auf rund 40 Abschnitten komplett erneuert werden. In Bayern soll im ersten Halbjahr 2026 gestartet werden. Dabei sollen insgesamt sieben Strecken saniert werden, was vor Ort mehr als 700 Kilometer Generalsanierung bedeutet – so zumindest der Plan. Der Beginn der Sanierung der Strecke Passau – Obertraubling folgt an zweiter Stelle des Bauvorhabens, direkt nach der ersten Bahnstreckensanierung Nürnberg – Regensburg. Innerhalb von rund sechs Monaten sollen die Teilstrecken fertiggestellt sein. Das Ziel, die Infrastruktur innerhalb eines möglichst kurzen Zeitraums komplett zu erneuern – mitsamt dazugehörigen Schwellen und Schotter, Gleisen und Weichen, Signalen und Stellwerken und Bahnhöfen – ist ambitioniert, macht die Sperrung der Strecken allerdings nachvollziehbar und ist geradezu ein Quantensprung: „Mit der Generalsanierung werden Bauvorhaben wesentlich stärker gebündelt als in der Vergangenheit. Ziel ist es, sanierungsbedürftige Strecken innerhalb eines möglichst kurzen Zeitraums komplett zu erneuern. Anschließend sind für mehrere Jahre keine größeren Bauarbeiten mehr erforderlich. Zudem werden die generalsanierten Abschnitte deutlich leistungsfähiger, erhalten einen erstklassigen Ausrüstungsstandard und werden fit für den digitalen Bahnbetrieb der Zukunft gemacht.“ Mit diesen Worten umreißt der DB-Konzern die geplanten Sanierungsarbeiten auf seiner Website. „Statt vieler kurz andauernder Bauarbeiten werden die Bauarbeiten für das Hochleistungsnetz über mehrere Monate hinweg stattfinden. Zudem wird während der Arbeiten größtenteils auf einen eingleisigen Betrieb verzichtet und die Strecke stattdessen komplett gesperrt. (…) Die gegenwärtig oft instabilen Fahrpläne werden im Hochleistungsnetz durch stabile Fahrpläne und einen hochwertigen Ersatzverkehr auf der Straße abgelöst“, beschreibt der Konzern sein Vorhaben weiter. Vorteile dieses Projekts sollen schlussendlich pünktlichere Zugfahrten, eine leistungsfähigere Infrastruktur, mehr Planbarkeit und ein besseres Kundenerlebnis sein, verspricht die DB.
Eine pünktliche Zugfahrt?
Zum Kundenerlebnis gehört neben Reisekomfort auch das pünktliche Ankommen am Zielbahnhof. Die DB verkündete Ende des vergangenen Jahres in einem Bericht die Pünktlichkeit ihrer Züge: „Im Jahr 2024 waren 62,5 Prozent aller ICE- und IC-Züge pünktlich unterwegs. 67,4 Prozent aller Reisenden haben ihr Ziel pünktlich erreicht. Bei DB Regio lag die Pünktlichkeit bei 90,3 Prozent.“ Der Grund für die Verspätungen sei im Fernverkehr mit rund 80 Prozent, also in einem Großteil der Fälle, auf die störanfällige, überlastete und veraltete Infrastruktur zurückzuführen. „Bis Ende 2027 will die DB die Pünktlichkeit der ICE- und IC-Züge auf 75 bis 80 Prozent steigern. Dies ist ein zentrales Ziel des Sanierungsprogramms“, erläutert der Bericht weiter. Trotz scheinbar hoher Pünktlichkeitswerte klagen viele Reisende weiterhin über Verspätungen.
Der Zug schlängelt sich an der Donau entlang, die ersten Bahnhöfe lassen wir hinter uns. Die Verspätung nicht. Die Situation erinnert mich an September des letzten Jahres, als ich auf dem Rückweg von Berlin war. Damals war es ähnlich: Kaum war ich in den ICE eingestiegen, stand der Zug wenige Minuten später still – noch innerhalb des Berliner Stadtgebiets. Bewegte sich keinen Millimeter. Schlussendlich konnte die Fahrt mit 30 Minuten Verspätung fortgesetzt werden. Nicht tragisch: Ich hatte vorsorglich einen Direktzug gebucht und diesen früher gewählt als nötig, um meine Termine trotz Verspätung mit genügend Puffer zu erreichen – und ohne zum Anschlusszug rennen zu müssen, wie schon so oft. Und diese Strategie verfolge ich auch heute auf meinem Weg nach München, sodass hoffentlich alles klappen sollte.
Input über nachhaltige Mobilitätskonzepte in Berlin
Der Grund für meine Zugfahrt nach Berlin im Herbst 2024 war der 197. JugendPresseKongress der YoungLeaders GmbH gewesen, auf dem es sich, ebenso wie in der Ringvorlesung in der Universität, um Nachhaltigkeit und Mobilität drehte. Verschiedene Expert:innen und Vertreter:innen aus den Bereichen Nachhaltigkeit und Verkehr sowie Journalist:innen unterschiedlicher Medienhäuser lieferten uns Input und vermittelten Wissen, regten zum Nachdenken und Diskutieren an. Eines ist nämlich klar: Klima- und Umweltschutz ist mittlerweile zwar in vielen Bereichen präsent, wird jedoch insgesamt immer noch zu wenig umgesetzt. Manche Unternehmen betreiben lediglich Greenwashing – sei es, weil sie den Handlungsbedarf nicht erkennen, Subventionen abgreifen, Strafen vermeiden oder gar Kund:innen täuschen wollen. Dennoch gibt es Unternehmen, die an ihrer Nachhaltigkeitsstrategie arbeiten – ihnen ist bewusst, dass es dringenden Handlungsbedarf im Umweltschutz gibt. Die Gefährdung der Biodiversität und zahlreicher Ökosysteme, ohne die menschliches Leben auf der Erde nicht möglich wäre, stellt nur einen, wenn auch den wichtigsten der Gründe dar. Doch von der Einsicht in die Notwendigkeit der Nachhaltigkeit bis hin zur Umsetzung ist es oft ein weiter, aufwendiger Weg.
Nachhaltigkeit in drei Dimensionen
Der Zug fährt durch die Landschaft, kahle Bäume reihen sich aneinander. Hier und da ein Haus. Im Vorbeifahren erkenne ich schemenhaft ein Graffiti: „Klimaschutz. Jetzt!“ steht in geschwungenen Buchstaben auf der dreckigen Mauer. Die Forderungen nach Nachhaltigkeit werden also nicht nur im Aktivismus immer lauter, sondern auch hier direkt neben den Bahngleisen. Vielleicht sollte man das überall hinschreiben, gemeinsam mit einer Definition von Nachhaltigkeit? Denn Nachhaltigkeit basiert ja nicht nur auf dem ökologischen Aspekt, sondern auf drei Dimensionen: der Ökologie, der Ökonomie und dem Sozialen. Diese umweltschützenden, wirtschaftlichen und sozialen Grundsätze sind in sich selbst komplex aufgebaut, was die Schwierigkeit der Umsetzung eines nachhaltigen Zieles deutlich macht. Auch im Bereich der nachhaltigen Mobilität sollen alle drei Dimensionen erfüllt werden.
Und wenn Nachhaltigkeit nicht nur in Umweltschutz gedacht werden darf, sondern auch wirtschaftliche Rentabilität und soziale Gerechtigkeit berücksichtigt werden müssen, häufen sich Fragen. Kann die Bahn jemals nachhaltig sein und dabei alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit in Einklang bringen? Kann das in der Zukunft funktionieren oder wird zu viel Geld verwendet, um sie zu sanieren, auch die noch so kleinen Dörfer anzubinden und die Ökologie zu fördern? Oder wird der Schienenverkehr, wie jetzt durch die Privatisierung, kaputtgespart, sodass sie zudem auch sozial nicht gerecht sein kann und nur wenig benutzt wird?
Die Zersiedelung in Deutschland ist dabei nicht unbedingt förderlich: Im Vergleich zu dünner besiedelten Ländern ist es hierzulande schwerer, schnell mal eben Hochgeschwindigkeitstrassen zu errichten. Stattdessen wird versucht, auch entlegenere Gemeinden an den öffentlichen Nahverkehr anzuschließen. Aber wie gut kann das gelingen? Nachhaltigkeit hat schließlich auch etwas mit sozialer Gerechtigkeit zu tun, beispielsweise hinsichtlich der Barrierefreiheit oder der Finanzierbarkeit für einzelne Fahrgäste. Das Deutschlandticket kostete 2024 noch 49 Euro monatlich pro Person, jetzt wurde der Preis erhöht auf 58 Euro. In Zukunft wird es für Einzelpersonen wohl noch kostspieliger, die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen.
Aber auch die im Idealfall in größeren Städten wie in ländlichen Gebieten gleichermaßen vorhandene Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel ist Teil der Gerechtigkeit im Zuge der Nachhaltigkeit. Die Realität sieht oft anders aus: Die Anwohnenden sind auf dem Land häufig auf ihr Privatauto angewiesen, kaum Busse oder Bahnen fahren dort, wo sie eben auch benötigt würden. Und wenn sie es tun, dann zu selten, zu unzuverlässig, zu wenig gut angebunden. Dabei wäre doch gerade eine gute und verlässliche Infrastruktur der öffentlichen Verkehrsmittel so wichtig im Sinne der Nachhaltigkeit – nicht nur hinsichtlich der sozialen Gerechtigkeit, sondern auch im Zuge des ökologischen Aspekts. Laut dem Umweltbundesamt ist so beispielsweise ein Kilometer, der mit einem diesel- oder benzinbetriebenen Auto zurückgelegt wird, über 15-mal klimaschädlicher als ein Kilometer mit der Bahn. In diese Berechnung einbezogen sind sowohl die direkt während der Fahrt ausgestoßenen Emissionen, als auch die bei der Produktion des Transportmittels entstandenen, klimaschädlichen Luftschadstoffe. Auch die unterschiedlichen Besetzungs- und Auslastungsgrade sind berücksichtigt – was die Bedeutung dieser Zahl unterstreicht.
Nachhaltige Gütermobilität auf der Schiene
Ich blicke aus dem Fenster, gerade fährt ein Güterzug ratternd vorbei. Die bunten Container tragen verschiedene Firmennamen, teils sind sie einfach nur einfarbig. Ich muss wieder an September zurückdenken. „Güter gehören auf die Schiene!“, das ist der Slogan der DB Cargo AG. Doch wie nachhaltig sind die Güterzüge der Deutschen Bahn wirklich? Als führendes Logistikunternehmen Europas hat es sich die DB Cargo zur Aufgabe gemacht, den Güterverkehr klimaneutral zu gestalten. Wenn Güter in Zukunft ausschließlich auf Schienen fahren sollten, sei eine höhere Kapazität des Schienenverkehrs gefordert, sagte Dr. Sigrid Evelyn Nikutta, die Vorstandsvorsitzende der DB Cargo AG, im September auf dem JugendPresseKongress. Die Schieneninfrastruktur beeinflusse nämlich nicht nur den Personenverkehr, sondern auch den Güterverkehr. Und die sei schlichtweg zu alt und zu störanfällig, weswegen Baustellen und Umleitungen auf der Strecke und die damit einhergehenden Verspätungen unvermeidlich seien, so Dr. Nikutta. Was logisch ist, denn die Güter- und Personenzüge fahren schließlich auf denselben Schienen – ein logistischer und koordinativer Aufwand. Schon oft habe ich es selbst erlebt, dass der Zug, in dem ich saß, aufgrund eines voranfahrenden Güterzuges warten musste.
Mobilität: Zugänglich für jede:n?
Wenn dann bald zusätzlich auch noch großflächige Sanierungsarbeiten anstehen, wird sich dies also nicht nur in Verspätungen, sondern auch in Ausfällen bemerkbar machen, was das doch eigentlich als ach so bequem und angenehm beworbene Reisen mit der Bahn zusätzlich noch erschwert. Viele der bisher treuen Bahnkunden werden wohl spätestens dann auf ihr Privatauto zurückgreifen. Der Nachhaltigkeitsaspekt der Bahnreise gerät in so einer Gemengelage beim Einzelnen in den Hintergrund, zu groß sind die Unannehmlichkeiten des Zugfahren. Abgasemissionen und volle Straßen werden in Kauf genommen.
Dr. Sven Halldorn, der Abteilungsleiter Grundsatzangelegenheiten im Bundesministerium für Digitales und Verkehr, beschrieb auf dem JugendPresseKongress die Mobilität als unentbehrlich und als Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben. Ein Ausbau der Infrastruktur und des öffentlichen Verkehrs sei das Ziel der Bundesregierung, um so nachhaltige und wirtschaftsfreundliche Mobilität im städtischen und ländlichen Raum zu ermöglichen. Wie aber kann eine nachhaltige Mobilität also aussehen? Strategien gibt es viele, die Verkehrspolitik versucht durch Maßnahmen und Investitionen Verkehrsmittel der nachhaltigen Mobilität attraktiv zu machen. Das Bundesmobilitätsgesetz – ein Gesetzesvorschlag des VCD, also des Verkehrsclubs Deutschlands, in dem viele Forderungen im Rahmen der nachhaltigen Mobilität enthalten sind – könnte eine der Lösungen sein, genau wie der Deutschlandtakt, der einen abgestimmten Taktzugfahrplan für ganz Deutschland im Nah-, Fern- und Güterverkehr ermöglichen soll. So kann auf politischer und wirtschaftlicher Ebene, aber auch durch politische Beteiligung der Wählenden, eine nachhaltige Mobilität Stück für Stück umgesetzt werden. Im Privatleben kann man versuchen, umweltfreundliche Fortbewegung in sein Leben stückweise zu integrieren. Freilich sind gerade auf dem Land noch viele Menschen auf ihr Privatauto angewiesen. Dennoch – Carsharing, öffentliche Verkehrsmittel wie Bus und Bahn, E-Autos und das Fahrrad stellen prinzipiell Möglichkeiten dar, umweltfreundliche Fortbewegung zu leben, auf Flugreisen sollte man weitestgehend verzichten. Herausforderungen wie die Finanzierbarkeit und Barrierefreiheit der Mobilität für alle Einwohner:innen, sprich der soziale Aspekt der Nachhaltigkeit, bleiben dennoch bestehen.
Die Verkehrswende ist in vielen Elementen des Verkehrssystems bereits in Ansätzen zu spüren. Vorerst bleiben aber die Probleme der Zugreisenden bestehen und die Generalsanierungsarbeiten werden die Beschwerlichkeiten vermutlich zunächst in einem gewissen Ausmaß verstärken. Die in Bayern geplanten Sanierungsarbeiten umfassen mehr als 700 Bahnkilometer, worunter nicht nur die Gleise, sondern auch Bahnübergänge, Brücken, Weichen, Leit- und Sicherungstechnik und vieles mehr betroffen sind. Nach und nach werden ab 2026 in Bayern demzufolge sieben Hauptstrecken gesperrt sein. Schienenersatzverkehr soll eingerichtet werden, der Personenfernverkehr und die Güterzüge werden weiträumig umgeleitet, was Verspätungen mit deutlichem Ausmaß bedeutet. 115 Kilometer sind es zwischen Obertraubling und Passau, die überarbeitet werden sollen. Ein zeitaufwendiges Vorhaben. Laut dem DB-Konzern bildet der zu sanierende Streckenabschnitt Obertraubling – Passau einen Teil der Ost-West-Magistrale innerhalb Europas: „Damit besitzt der Abschnitt eine zentrale Bedeutung im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr zwischen Paris und Bratislava/Budapest“, ist auf der Website der DB zu lesen. Die Gesamtkosten der deutschlandweiten Sanierung stehen dabei allerdings noch nicht fest. Sicher ist wohl nur, dass es ein milliardenschweres Vorhaben ist. Die Hoffnung, dadurch den jahrelangen Verfall der Bahninfrastruktur zumindest auf den viel befahrenen Hauptkorridoren zu stoppen und so ein zuverlässigeres, robusteres und widerstandsfähigeres Netz zu erschaffen, bleibt. Kritik am engen Zeitplan der Sanierungsarbeiten und Zweifel an Ausweichstrecken wurden in der Vergangenheit dennoch bereits mehrfach laut.
Nachhaltige Mobilität in der Zukunft?
Die Problematik bei Bahnreisen wurde also erkannt. Jetzt wird versucht, mit aufwendigen und kostenintensiven Sanierungsarbeiten das Beste aus dem noch sinkenden Schiff herauszuholen. Die überall laut gewordenen Beschwerden zeigen deutlich, dass ein riesiger Renovierungsstau herrscht, den es jetzt aufzuholen gilt. Ob das gelingt, wird sich zeigen. Für die Reisenden bedeutet das erstmal weitere Erschwernisse beim Zugfahren.
Aber eigentlich ist dies doch der richtige und vor allem mehr Nachhaltigkeit in der Zukunft versprechende Weg, oder etwa nicht? „Nächste Station: München Hauptbahnhof.“ Die blecherne Stimme aus den Lautsprechern reißt mich aus meinen Grübeleien und weist mich darauf hin, dass der Zug bald seine Endstation erreichen wird. Geschafft, ich bin gleich angekommen. Zwar mit Verspätung, aber dennoch am Ziel. Die Frage, ob ich es rechtzeitig zu meinem Termin schaffe, kann ich mir also jetzt beantworten. Die Frage, wie nachhaltiges Reisen und Mobilität mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in Zukunft aussehen und umgesetzt werden, noch nicht komplett. Aber wer weiß, vielleicht liefern die Wahlen und die neue Politik 2025 Antworten? Und bis dahin werde ich weiter meine Strategie verfolgen: Lieber einen Zug früher nehmen und dann am Ankunftsort warten, als wegen Verspätungen zum Beispiel durch Bauarbeiten auf den Gleisen den Termin zu verpassen. Nachhaltiger, als mit dem Auto zu fahren, und schneller als mit dem Fahrrad ist der Zug allemal. Den Rest, den muss man wohl einfach mit einer gesunden Portion Humor und Geduld nehmen. Denn an der Zeit, die Mobilität grundlegend für alle nachhaltiger zu gestalten, um so fair mit der Umwelt und den Menschen umgehen zu können, ist es allemal.