Wer schon einmal mit dem Flugzeug gereist ist, weiß, wie einschüchternd ein Grenzbeamter sein kann. Da überreicht so mancher Passagier seinen Pass mit zittrigen Fingern, obwohl mit den Papieren wirklich alles stimmen müsste. Doch was wenn der ernst dreinblickende Polizist das anders sieht und die Einreise nicht genehmigt? Dieses Szenario präsentierte die Theatergruppe Let’s Play am Samstagabend im Zauberberg bei der Dernière ihrer Inszenierung des Stückes „Hin und Her“ nach Ödön von Horváth.
Die Handlung spielt auf einer Brücke zwischen zwei streng bewachten Grenzübergängen. Dazwischen wandert Ferdinand Havlicek (David Kölbl) hin und her, und her und hin: Nach dem Konkurs seines Drogeriemarktes wurde er des Landes verwiesen, da die Behörden nicht für seine Sozialleistungen aufkommen wollen. Auf der anderen Seite der Brücke wird Havlicek die Einreise allerdings auch verwehrt, da sein Geburtsland seine Staatsangehörigkeit nicht anerkennt. Damit wird Havlicek zum „amtlichen Fall“, der nirgendwo willkommen ist und sein tristes Dasein auf der Brücke fristen muss. Während seines Aufenthaltes auf der Brücke verstrickt sich Havlicek zunehmend in internationale politische Streitigkeiten, Liebesaffären und die Jagd nach gewieften Drogenschmugglern.
In der Komödie „Hin und Her“ werden viele Themen angesprochen, die zurzeit hochbrisant sind. An erster Stelle sei der Sexismus genannt, dem die Tochter des Grenzorgans Thomas Szamek (Diego Ruiz) ausgesetzt ist. Eva Szamek (Andrea Brütting) muss sich ständig die anzüglichen Bemerkungen und Blicke eines Gendarmes (Sophie Gärtner) gefallen lassen, wenn sie nicht gerade von ihrem Vater wie eine willenlose Puppe über die Bühne gezerrt wird. Ihr Geliebter Konstantin (Uli Gschwendtner) hat mit der Ausländerfeindlichkeit von Evas Vater zu kämpfen, der alle Menschen von der anderen Seite der Brücke als unaufrichtig abtut. Am Eindringlichsten zeigt Ödön von Horváth in seinem Theaterstück jedoch, wie Abschiebungsverfahren und die Unmenschlichkeit des Staatsapparats Existenzen zerstören können. In seiner verzweifelten Lage merkt Havlicek schnell, dass er nicht auf die Unterstützung der Beamten hoffen kann, die selbst sagen: „Für Sie bin ich nur das Grenzorgan und kein Mensch.“ Mit Blick auf die anhaltenden Debatten in Europa rund um die Flüchtlingsfrage, Asylpolitik und Ausweisungsverfügungen, ist „Hin und Her“ also 84 Jahre nach seiner Uraufführung immer noch erschreckend aktuell.
„Grenzen wird es immer geben, denn von den Grenzen tun wir leben.“
Obwohl im Theaterstück einige gesellschaftliche Probleme angesprochen werden, gelingt es Let’s Play in ihrer Inszenierung viel Leichtigkeit und Humor auf die Bühne zu bringen. Alle Schauspieler überzeugen mit durchweg guten Leistungen, obwohl einige von ihnen das allererste Mal auf der Bühne stehen. Die Rollen wirken ihnen wie auf den Leib geschneidert und vor allem in der zweiten Hälfte der Aufführung überzeugen sie das Publikum mit ihrem Charme und Witz. Besonders Havliceks wunderschön schräge Gesangseinlage oder der Auftritt eines als Nonne verkleideten Verbrechers (Timo Hoffmann), der versucht den Flirtversuchen der Grenzoffiziere aus dem Weg zu gehen, begeistern das Publikum. Selbst Arizona Payor und Tobias Hansen in der Regie, die das Stück mittlerweile schon inn- und auswendig kennen dürften, können sich zwischenzeitlich vor Lachen kaum halten. Theaterenthusiasten dürfen gespannt sein, welche Aufführungen die studentische Gruppe Let’s Play in Zukunft noch in Szene setzen werden.