Als mein Freund und ich in Dublin aus dem Flugzeug steigen, erfüllt Irland sofort alle Klischees: Es ist windig (und der Wind wird uns unermüdlich die nächsten Wochen begleiten), leichter Sprühregen lässt uns erstmals die extra für die Reise erstandenen, superwasserdichten Regenjacken auspacken. Es riecht nach frisch gemähtem Gras und beim Anblick des dichten, unkrautfreien Rasens wäre jeder Greenkeeper vor Neid erblasst.
Unsere Reise beginnt in Dublin. Eine Reise, bei der wir durch unberührte Natur wandern, bunte Schafe treffen, die unglaubliche Schönheit der irischen Felsenküsten und Sandstrände bewundern und uns mit den überaus freundlichen Iren anfreunden.
Dublin
Wir landen am Aerfort Bhaile Átha Cliath, was irisch ist und wohl so viel wie Flughafen bedeuten soll. Irisch wird vor allem in den nord-westlichen Teilen des Landes gesprochen, trotzdem ist die Straßenbeschilderung landesweit zweisprachig. Wir versuchen einen Sinnzusammenhang zwischen dieser und irgendeiner anderen Sprache zu finden – unmöglich. Als keltische Sprache ist sie mit nichts verwandt, was an deutschen Universitäten gelehrt wird.
Dublin ist eine überschaubare Großstadt, die trotz der vielen Menschen auf den Straßen persönliches Flair ausstrahlt. Das ist nicht zuletzt den Iren selbst zu verdanken, die einem entgegenlächeln und immer gerne zu etwas Smalltalk aufgelegt sind.
Gegen Abend verschlägt es uns nach Tempelbar, dem In-Viertel der Stadt. Bunte Häuserfassaden, Blumen, exotische Klänge und Düfte, aber auch traditionelle Musik und ein alt eingesessener Fischereiladen. Ein Pub und noch eins und noch eins. Es ist wunderbar, jeder junge Mensch sollte einmal hier gewesen sein.
Galway
Galway ist eine kleine Stadt im Westen Irlands. In der Innenstadt findet man kleine lokale Geschäfte und es reiht sich ein Pub an das Nächste. In dieser traditionellen, typisch irischen Stadt fühlten wir uns nun endgültig auf der grünen Insel angekommen.
Die Stadt ist ein wunderbarer Ausgangspunkt, um den Westen des Landes zu erkunden. Wer für weniger Geld mehr von Irland sehen möchte oder auch nicht so viel Zeit investieren kann, ist hier genau richtig. Bei vielen Anbietern kann man Tagestouren zu den Highlights in der Umgebung buchen (Cliffs of Moher, Kylemore Abbey, Connemara National Park, Burren National Park, Aaran Islands).
Pubs
Die irischen Pubs sind ein Highlight für sich. Es gibt viele von ihnen und das selbst an den entlegensten Orten. Wenn man stundenlang in einer abgelegenen Bergregion unterwegs ist und endlich auf eine Ortschaft mit etwa einem Dutzend Häusern trifft, dann kann man sich sicher sein, dass es dort auch mindestens zwei Pubs gibt. Am Abend trifft sich Jung und Alt auf ein Pint oder zwei. Es wird geratscht, getanzt und gesungen. Viele Pubs bieten auch unter der Woche Livemusik. Hier lernt man am einfachsten Leute kennen. Man steht kaum eine Minute an der Bar, schon wird freundlich gegrüßt und der Gegenüber möchte wissen, woher man kommt und was man macht. An diese Art der Neugier mussten wir uns erst gewöhnen. Dass der Gesprächspartner wirklich an einem selbst interessiert ist und das ganz ohne Hintergedanken, das waren wir aus deutschen Kneipen nicht gewohnt.
Großartig ist auch die Auswahl an Bieren und Whiskeys, die sich in den Pubs finden lässt. Wer etwas für diese Art von Genussmittel übrig hat, sollte sich auf jeden Fall durch das Sortiment probieren, es warten eine Menge angenehmer Überraschungen.
Cliffs of Moher
Eine der Kulissen des sechsten Harry Potter Films ist wohl Teil der Hauptattraktionen, die Irlands Natur zu bieten hat. Die zweihundert Meter hohen Felsen der Steilküste ragen senkrecht aus dem tosenden Atlantik. Der Blick von oben ist atemberaubend und lehrt Respekt vor den Naturgewalten. Auf dem Bauch liegend robben wir an die Kante, um einen Blick auf die sprudelnden Wellen zu erhaschen – ein ungutes Gefühl.
Die Cliffs of Moher sind nichts für schwache Nerven, machen gutes Schuhwerk und Trittsicherheit erforderlich, aber sollten unbedingt besucht werden.
Der Norden Irlands – Malinshead & Fort Dunree
Um den Norden der Insel zu erkunden, ist ein Leihwagen sehr ratsam. Wer im Internet vorab bucht, kann günstige Angebote einholen. Allerdings ist Autofahren auf der Insel eine echte Herausforderung: Die Straßen sind schmal, kurvig und sehr uneben. Hinzu kommen zahlreiche Verkehrsbehinderungen durch Schafe oder ganze Schafsherden (die einem Auto niemals Platz machen würden, aber wegrennen, sobald man sich zu Fuß auf zehn Meter nähert – blöde Schafe) und natürlich der Linksverkehr. Links fahren, rechts sitzen und Kreisverkehre, nicht nur falschrum, sondern auch immer zweispurig sind. Fast schon verständlich, dass man erst ab 21 Jahren ein Auto mieten darf, ganz ohne altersbedingte Zusatzzahlungen sogar erst ab 25.
Nördlich der Stadt Letterkenny ragt ein Meeresarm kilometerweit in das Landesinnere. An der Mündung dieses Fjords in das offene Meer findet sich die stillgelegte Militärbasis Fort Dunree, in der zuletzt im zweiten Weltkrieg Soldaten stationiert waren. Das außergewöhnliche daran ist sicherlich die leichte Zugänglichkeit zu den alten Baracken, Waschhäusern und Bunkeranlagen. Ausdrücklich erlaubt sind Erkundungstouren auf eigene Faust zwar nicht, doch direkt verboten werden sie auch nicht. So kann jeder, der mutig genug und im Besitz einer Taschenlampe ist, sich auf den Weg in das Innere der Bunkeranlagen machen und Luft aus vergangenen Zeiten schnuppern.
Malinshead, den nördlichsten Punkt Irlands, sollte man sich ebenfalls nicht entgehen lassen: Eine weitere Militärbasis, ein Kiesstrand, an dem sich mit etwas Glück wirklich wertvolle Steine finden lassen und Drehort für den neuen Star Wars Film, der 2017 in die Kinos kommen wird. Hier scheint die Natur noch wilder zu sein, der Wind stärker, die Felsen kantiger, das Meer unruhiger. Ein ganz besonderer Ort, schön auf seine eigene Art und Weise.
Aaran Islands
Diese drei Inseln finden sich vor County Galways Küste. Es gibt dort vor allem eins: Steine. Um der riesigen Anzahl dieser kantigen, grauen Felsbrocken Herr zu werden, haben die Bewohner der Inseln irgendwann damit begonnen Steinmauern zu bauen, sehr viele Steinmauern. Wir als Außenstehende konnten nur den Kopf schütteln und uns fragen, wann und wie es überhaupt möglich war, derartig viele Mauern zu errichten. Für die Inselbewohner sind die Mauern allerdings alternativlos, da die Wiesen sonst nicht zu bewirtschaften wären.
Auf Inishmore, der größten der drei Inseln findet sich der kleine Ort Kilronan. Hier scheint es, als wäre die Zeit stehen geblieben. Kinder machen auf der Straße für die wenigen Besucher Musik, eine Bankfiliale, die nur einmal die Woche geöffnet hat und ein alter, heruntergekommener Wohnwagen, der als Tourist Office dient.
Die Insel birgt einen weiteren Ort, der mich persönlich auf unserer Reise am meisten beeindruckt hat: das Black Fort und seine Steilküste. Eine Art Festung, die zur Zeit der Kelten errichtet wurde. Die Ruine ist heute fast vergessen, zumal nur noch die Grundmauern stehen. Die Einsamkeit an diesem Küstenabschnitt und die Naturgewalten der Steilküste, des Windes und Meeres sind einfach atemberaubend.
Tipps:
- Reisezeit beachten: Der niedrigste Niederschlag ist im Juni und September zu erwarten, am wärmsten ist es im Juli und im August. Die wenigsten Touristen sind natürlich außerhalb der Hauptsaison von Mitte Juni bis Ende August unterwegs.
- Wetterfeste Kleidung einpacken: Es ist wirklich jeden Tag mit Regen und Wind zu rechnen. Eine warme Kopfbedeckung, Regenjacken und wasserdichte Schuhe sind sehr empfehlenswert.
- Kein Geld für ein Mietauto? Trampen funktioniert wunderbar in Irland. Man wird eigentlich immer mitgenommen. Natürlich kommt man meist nicht so schnell voran wie mit einem eigenem Auto und man sollte mit gesundem Menschenverstand an die Sache ran gehen und nicht bei jedem einsteigen – von negativen Erfahrungen können wir allerdings nicht berichten.
- Das irische Lager Bier nicht probieren, wenn man etwas erwartet, das mit echtem bayerischen Bier vergleichbar ist
- Studentenausweis mitnehmen: In Irland kostet wirklich alles Eintritt, aber oft finden sich gute Vergünstigungen für Schüler und Studenten.
- In Bed & Breakfasts schlafen: Meist nicht teurer als Hostels, kann man dort die familiäre Atmosphäre genießen und ein liebevoll zubereitetes Frühstück genießen
- Nicht zu wenig Geld einplanen: In Irland ist wirklich alles teuer. Wer für eine dreiwöchige Reise 1000 Euro einplant, der lebt nicht gerade luxuriös.
Von Katharina Trattler