Jan Nowak klärt auf über moderne Formen des Extremismus.
AfD, Pegida, der Dritte Weg. Auf rechte Parolen trifft man im Alltag immer häufiger. Mittlerweile ist der Rechtsruck kein Randphänomen mehr, sondern muss ,,als gesamtgesellschaftliches Problem“ wahrgenommen werden, meint Jan Nowak. Unter dem Thema ,,Bewegung am rechten Rand. Ein Überblick zur extremen Rechten abseits des Neonazismus“ stand der Vortrag des Referenten Jan Nowak, der seit Jahren in der Neonazi-Szene in Deutschland forscht. Organisiert wurde er von der Liste der unabhängigen kritischen Studierenden an der Universität Passau, kurz LUKS.
Vor einem bunt gemischten Publikum präsentierte Nowak einen vielfältigen Überblick über die Geschichte der Neuen Rechten und den aktuellen Entwicklungen im rechten Spektrum. ,,Der Rechtsruck in der Gesellschaft war keine ruckartige Bewegung“, konstatiert Nowak. Tatsächlich findet die sogenannte ,,Neue Rechte Szene“ ihren Ursprung unter anderem in der rechten Bewegung des ,,nouvelle droite“, das im Frankreich Ende der 1960er Jahre entstand und eng mit der Ausbreitung rechtradikal ausgerichteter Strömungen in Europa verbunden ist.
,,Sammelbecken für Gewalttäter, Neonazis und Rechtsradikale“
Nachdem die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) bei der Bundestagswahl 1969 mit 4,3 Prozent der Zweitstimmen nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt hatte, stürzte die Partei in eine tiefe innere Krise. Der Ruf nach einer neuen Ausrichtung und Reorganisation wurde stärker, was im Jahre 1972 in der Gründung der Aktion Neue Rechte (ANR) gipfelte. Die ANR löste sich schon nach wenigen Jahren in Splittergruppen auf. Doch die propagierten rechten Werte und politischen Ziele waren mit dem Ende der Partei keineswegs verschwunden. In Deutschland ist die Neue Rechte in zwei Lager unterteilt. Zum einen in die 1986 gegründeten rechte Zeitung ,,Junge Freiheit“ mit Karlheinz Weißmann sowie das seit 2000 bestehende Institut für Staatspolitik (IfS), um die zentrale Figur Götz Kubitschek. Im Zuge der unterschiedlichen Bewertung der AfD, kam es zum Bruch zwischen den beiden Lagern. Während sich Weißmann für die feste Etablierung der AfD in der Politik und eine enge Zusammenarbeit mit Frauke Petry pflegt, gesinnt sich das IfS zu Björn Höcke. So war Götz Kubitschek als Redner auf Pegida Kundgebungen in Dresden zu hören. Das rechte Spektrum ist nach Nowak ,,ein Sammelbecken für Gewalttäter, Neonazis und Rechtsradikale“. Diese Kombination vergrößere das Gefahrenpotential.
Im Rahmen der Liberalisierung in Deutschland ,,war eine Neuorientierung der Rechten nötig“, sagt Nowak. Die Neue Rechte distanziere sich nachdrücklich von den Veteranen der Alten Rechten und präsentiere sich als Vertreter einer Befreiungspolitik. Es sind kontinuierliche Bezugspunkte und zentrale Themen der Neuen Rechten zu erkennen. ,,Ein zentrales Thema der Neuen Rechten ist die Rehabilitierung und Popularisierung extrem rechter Denker der Zwischenkriegszeit“, stellte Nowak fest. Eine Schlüsselfigur stellt der Schweizer Publizist Armin Mohler dar. Er führte in seiner Dissertation 1949 den Sammelbegriff der ,,Konservativen Revolution“, die eine Revolution von rechts darstellt ein. Dabei gelingt den Neuen Rechten, vor allem mit ihrer organisierten publizistischen Arbeit, wie in Zeitschriften, kleinen Verlagen oder auch in Rahmen von Vorträgen ihre Vorstellung eines kulturellen Gegenentwurfes zu verbreiten.
Einen weiteren Punkt stellt, nach Nowak die Entwicklung neuer Konzepte und Begriffe wie des ,,Ethnopluralismus“ dar. Der Begriff des ,,Ethnopluralismus“ geht von fixen, nicht veränderbaren Kulturen aus. Dies hat zur Folge, das ein Individuum einem bestimmten Kollektiv zuzuordnen ist. Die Neue Rechte möchte den sogenannten ,,großen Austausch“, dem Vermischen der Völker und Kulturen verhindern und stellt sich damit gegen die Existenz einer multikulturellen Gesellschaft.
Das rechte Spektrum ist nach Nowak ,,ein Sammelbecken für Gewalttäter, Neonazis und Rechtsradikale“. Diese Kombination vergrößere das Gefahrenpotential.
Die Hipster unter den Rechten
Spätestens nachdem Aktivisten der Identitären Bewegung im vergangenen Sommer ihren Banner auf dem Brandenburger Tor gehisst haben und der darauffolgenden medialen Berichterstattung sind sie in aller Munde. Die IB versucht sich mit derartigen Aktionen in Szene zu setzen und mit Nadelstichen die Gesellschaft zu erschüttern. ,,Die IB ist am ehesten als PR-Agentur der extremen Rechten zu verstehen“, meint Nowak. Auf ihrer Website präsentiert sich die IB als junge Revolutionäre. ,,Wir treten als patriotische Jugend selbstbewusst auf und konfrontieren jene Entscheider und Eliten mit ihrem politischen Versagen, die unsere Generation mit der großen Lebenslüge einer multikulturellen Utopie aufwachsen lassen haben.“
,,Durch die Flüchtlingskrise hat die Idee der neuen Rechte neue Handelnde gefunden“
Rechte Parteien und Gruppierungen wie die AfD, die Identitäre Bewegung oder der dritte Weg haben vor allem von der ’’Flüchtlingskrise“ profitiert. Angesichts der täglich ankommenden Flüchtlinge hat sich bei einigen Bürgern, die zuvor nicht in Berührung zu rechten Parteien kamen ein Gefühl von Angst und Bedrohung verbreitet. ,,Durch die Flüchtlingskrise hat die Idee der neuen Rechte neue Handelnde gefunden“, sagt der Experte und genau darin läge die Bedrohung.