Dies ist der erste Teil einer ich-weiß-nicht-wie-lange-andauernden Serie von Artikeln über mehr oder weniger bekannte Lebensmittelunverträglichkeiten. Da ich selbst seit 10 Jahren von einer Krankheit betroffen bin, kenne ich die daraus resultierenden Probleme im Alltag sehr gut. Komisch angeschaut zu werden, immer dieselben Fragen gestellt zu bekommen oder auch den ein oder anderen blöden Spruch wegstecken zu müssen. Die Reihe soll auf verschiedene Unverträglichkeiten aufmerksam machen und die wichtigsten Fragen beantworten.
Für viele ist das wahrscheinlich eines der größten Vergnügen überhaupt: im Lieblingsrestaurant richtig ausgiebig essen gehen. Sei es beim Italiener, Asiaten oder Griechen: Gutes Essen macht glücklich. Was ist aber, wenn der Besuch in einem Restaurant zur Tortur wird? Was ist, wenn man kein Restaurant findet, in dem man etwas essen kann, bei dem der eigene Körper keine Schäden davonträgt?
Das klingt jetzt vielleicht etwas hart und übertrieben, aber für mich war das viele Jahre und ist manchmal noch bis heute Alltag. Seit meinem 10. Lebensjahr habe ich die Krankheit Zöliakie. Zölia- was für ein Ding? Seit ich 10 Jahre alt bin werden mir bzw. früher mehr meiner Mutter immer dieselben Fragen gestellt, denn den wenigsten ist diese Krankheit ein Begriff. Mit diesem Artikel möchte ich die wichtigsten Fragen beantworten, die ich bereits gefühlt hundert Mal beantwortet habe. Denn Zöliakie ist keineswegs eine Seltenheit. In Deutschland ist etwa eine von 500 Personen betroffen; weltweit liegt die Zahl bei 1:270.
Was ist Zöliakie?
Zöliakie ist eine durch Glutenunverträglichkeit ausgelöste Autoimmunerkrankung im Margen-Darm-Trakt. Gluten ist das Klebeeiweiß in vielen gängigen Getreidesorten, wie zum Beispiel Weizen, Dinkel, Roggen oder Gerste. Durch glutenhaltige Nahrungsmittel entzündet sich die Dünndarmschleimhaut und zerstört dort häufig die Darmepithelzellen. Diese sind für die Nährstoffaufnahme zuständig. Sind diese Zellen zerstört, kann der Körper die für ihn notwendigen Nährstoffe nicht mehr aufnehmen. Bereits eine Spur Gluten, nur ein kleiner Krümel, ist bereits schädigend. Anders als bei einer „normalen“ Allergie, die z.B. während der Pubertät oder einfach so wieder verschwinden kann, ist Zöliakie lebenslänglich. Es besteht gerade mal eine 2%ige Chance auf eine vollständige Genesung. Die Krankheit ist teilweise erblich bedingt, kann aber auch ohne jede Vorwarnung bei Menschen egal welchen Alters ausbrechen. Es gibt keine Heilung für Zöliakie; die einzige Behandlung ist eine Ernährungsumstellung auf rein glutenfreie Lebensmittel.
Wie bist du darauf gekommen, dass du Zöliakie hast?
Die Krankheit ist bei jedem Betroffenen unterschiedlich stark ausgeprägt, ebenso die Symptome. Besonders häufige Symptome sind Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsverlust, Durchfall und Appetitlosigkeit. Bei Kindern zeigt sich Zöliakie auch in einer verlangsamten, körperlichen Entwicklung. So war es auch bei mir. Ich war als Kind eher klein und sehr leicht, habe kaum zugenommen. Aufmerksam geworden, dass etwas mit mir körperlich nicht stimmt, sind wir, weil mir über Monate hinweg jeden Abend, meistens sogar zur selben Uhrzeit, schlecht geworden ist. That’s a bit suspicious, also hieß es: ab zum Arzt und Blut abnehmen. Dieser hatte durch die unnormal hohe Anzahl an Antikörpern in meinem Blut bereits einen Verdacht auf Zöliakie, wollte aber zur Sicherheit eine Magenspiegelung durchführen lassen. Also wurde die kleine Jasmin eingepackt, zur nächsten Kinderklinik gebracht und ihr dort in den Magen geschaut. Das Ergebnis: meine Darmepithelzellen waren quasi non existent. Und dagegen hilft nur eins: Tschüss normales Essen, Hallo glutenfreies Brot!
Boah, aber dann kannst du ja fast nichts mehr essen! Das würde ich nicht packen!
Gut, dass ist jetzt technisch gesehen keine Frage, aber Aussagen wie diese oder z.B. auch „Dann kannst du ja keine Pizza/keinen Döner essen“ fallen sehr häufig. Und ja, das Leben ist dadurch schon etwas komplizierter und eingeschränkter. Früher, damals, im entfernten Jahre 2010, war die Beschaffung von glutenfreien Lebensmitteln deutlich schwerer als heute. Geht man heute in irgendeinen beliebigen Supermarkt oder Discounter, findet man immer irgendwo ein Regal mit glutenfreiem Brot, Mehl und Nudeln. Auch die Auswahl ist viel größer. So haben verschiedene Läden mittlerweile Eigenmarken oder auch große, allgemein bekannte Marken bieten beispielsweise glutenfreie Tiefkühlpizzen an. Vor 10 Jahren hat man in einem normalen Supermarkt so gut wie nichts gefunden. Lebensmittel gab’s für mich nur im DM-Markt oder in Reformhäusern, da diese die deutschlandweit wohl größte glutenfreie Marke auch damals schon im Sortiment hatten. Aber mal abgesehen vom generellen Einkaufen fallen natürlich auch viele, selbstverständliche Dinge weg. Frisches Brot vom Bäcker: denkste. Sich beim Shoppen mal kurz was zum Snacken kaufen: sehr schwierig. Spontan in einem Restaurant essen gehen: geht so. In den Urlaub fahren: joa, aber mit mehr Planung. It’s not easy, but there’s no other choice.
Und was passiert, wenn du mal Gluten isst?
Wie bereits erklärt, trägt der Darm Schäden davon und der Körper nimmt die nötigen Nährstoffe mit der Zeit nicht mehr auf. Und wenn‘s ganz blöd läuft und ich das über Jahre oder Jahrzehnte hinweg machen würde, dann würde ich wahrscheinlich an Nährstoffmangel und dadurch resultierendem Organversagen sterben.
Geht das wieder weg irgendwann?
Nope.
Belastend.
Das Leben als Zöliakie-Erkrankte*r bedeutet eine starke Umstellung der Ernährung. Allerdings nicht nur der Ernährung, sondern auch des normalen Kochverhaltens, vor allem wenn man mit Leuten zusammenwohnt, die nicht davon betroffen sind. Zöliakie bedeutet Verzicht und konsequentes Durchziehen der glutenfreien Diät. Aber so schlimm diese Umstellung im ersten Moment auch ist, es gibt bedeutend Schlimmeres. Es ist reine Gewohnheitssache und glücklicherweise entwickelt sich die Lebensmittelindustrie immer weiter und bringt immer neue Produkte auf den Markt, die auch für mich und meinen heiklen Darm vertragbar sind.
Für weitere Infos rund um Zöliakie ist hier ein Link zur Website der Deutschen Zöliakie Gemeinschaft: https://www.dzg-online.de