In der EU werden jedes Jahr mehr als zwei Millionen Tonnen Kleidung weggeworfen, davon werden nur 18 % recycelt oder weiterverkauft. Auch wenn der Hashtag ‘comethriftwithme’ auf TikTok über 830 Millionen Aufrufe hat, kaufen wir heutzutage doppelt so viel Kleidung, wie vor 20 Jahren und tragen diese nur halb so lang.
Trotzdem spielt Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle bei Konsumentscheidungen und der Druck auf Fastfashion-Labels wächst. Es scheint zu funktionieren. Wer in eine H&M- oder Zara-Filiale geht, findet neben dem Preis, Schilder, die beispielsweise recyceltes Polyester versprechen. Dennoch sollte man diese Aussagen mit Vorsicht genießen, denn viele Firmen nutzen “Greenwashing”, um ihr Image nach außen hin zu verbessern.
Aber was heißt “Greenwashing” überhaupt und was ist nicht gut an recycelten Polyamiden? Als „Greenwashing“ bezeichnet man nicht nur im Fashion-Bereich die Unternehmensstrategie, mit scheinbar nachhaltigen Produkten zu werben, obwohl keine Maßnahmen eingeleitet werden, die Firmenstruktur grundlegend nachhaltiger auszurichten. Gute Miene zu bösem Spiel. Aber immerhin recyceln sie Plastik und leisten einen Beitrag.
Es sieht gut aus, aber es steckt mehr Schein als Sein hinter dem Ganzen. Plastik bzw. Polyamide sind nicht endlos recyclebar. Auch wenn man die Stoffe ein- oder zweimal wieder verwenden kann, enden sie trotzdem in Müllverbrennungsanlagen und geben beim Waschen Mikroplastik ins Grundwasser ab. Also warum überhaupt Polyamide verwenden?
Das Stichwort lautet Mikrotrends. Der typische Trendzyklus kann in fünf Phasen unterteilt werden: Einführung – Aufstieg – Höhepunkt – Abfall – Obsoleszenz. Bei Mikrotrends sind die ersten drei Phasen kombiniert, wodurch ein Trend heutzutage nur noch ca. drei Monate gefragt ist. Diese Verkürzung liegt am ‘Social-Media-Marketing’ vieler Firmen. Die Firmen senden Pakete mit Produkten an Influencer*innen, die diese für Vergütung posten. Oft ist es festgelegt, wann die Bilder auf TikTok oder Instagram hochgeladen werden. Das Produkt scheint für den Konsumenten plötzlich überall zu sein. Und weil man teilhaben will, fühlen sich die Leute genötigt zu kaufen.
Andere Marken wollen auch ein Stück vom Kuchen und fangen an, schneller und vor allem billiger zu produzieren. Das heißt weniger qualitative Kleidung und mehr Plastik. Um mit den Trends mit halten zu können, hat SHEIN die Entwicklungszeit vom Design bis zum Online-Stellen auf drei Tage reduziert. Das ist nur möglich, indem sie Ideen von Kleinunternehmern kopieren, die keine finanziellen Mittel haben, um sich gegen einen Großkonzern zu wehren. SHEIN stellt jeden Tag ca. 4500 neue Artikel auf ihre Seite, fast alle aus Plastik.
Trotzdem kommt Fastfashion an. Oft, weil nachhaltige Mode teuer ist und gerade Menschen, die nicht viel Geld haben, darauf angewiesen sind, billige Kleidung zu kaufen. Aber billig ist kein stichhaltiges Argument, wenn die Klamotten nur dazu dienen, einem Trend zu folgen. Gerade wenn Geld eine Rolle spielt, ist es besser in etwas Nachhaltiges zu investieren, das Jahre hält.
Aber tatsächlich nachhaltige Firmen zu finden ist schwierig, wenn “Greenwashing” omnipräsent ist. Es gibt jedoch einige Vereine, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Konsumenten*innen in diesem Bereich zu helfen. Dazu gehören Fashion Revolution, die jedes Jahr einen “Fashion Transparency Index” veröffentlichen und Good on You, die Marken nach Nachhaltigkeit bewerten, aber auch nachhaltige Alternativen in verschiedenen Preisklassen veröffentlichen.