Foto: Elfi Heinke

Nein zu Fake News, Ja zum JED-Fellowship 2019

Zu Besuch in den USA – einem Zuhause der Falschinformationen

Elfi Heinke ist vergangenes Jahr im Rahmen des Förderprogramms JED für eine Woche in die USA gereist. Dort hat sie Einblicke in die Medienarbeit eines Landes bekommen, in dem viele Menschen „Qualitätsmedien“ seit Dezember 2016 mit „Fake News“ betiteln und nur noch den Tweets ihres Präsidenten vertrauen. Heinke, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft bei Prof. Dr. Ralf Hohlfeld, berichtet als Gastautorin bei blank, was sie unter anderem in der Redaktion der New York Times gelernt hat.

Nicht nur im MuK- oder JoKo-Studium ist nach Filter Bubble und Lügenpresse das neue Modewort Fake News. Auch in den Medien vergeht kaum ein Tag, in dem nicht von Falschinformationen geschrieben oder gesprochen wird. Aber wie Fake News eigentlich genau definiert sind, damit haben sich wohl nur wenige genauer beschäftigt. Nicht einmal wir Wissenschaftler sind uns bislang einig, wo gesicherte Quellen aufhören und Fake News anfangen. Ist Satire schon gezielte Falschinformation oder muss es mehr in Richtung Donald Trump und seinen abstrusen Hirngespinsten gehen, die in die Welt gezwitschert werden? Wo fängt Desinformation an und was kann man eigentlich dagegen tun?

Um angehende Journalisten für diese Fragen zu sensibilisieren, hat die Non-Profit-Organisation Cultural Vistas im Jahr 2018 zum ersten Mal das „Journalism in the Era of Disinformation“, kurz JED-Fellowship, ausgeschrieben und Studierende in ein Zuhause der Falschinformationen eingeladen. Als Promotionsstudentin hatte ich vergangenes Jahr das Glück mit sieben anderen deutschen und acht US-amerikanischen KommilitonInnen eine Woche nach Charlottesville, Washington DC und New York zu reisen. Gemeinsam haben wir Redaktionen wie die der New York Times, Think Tanks wie das Atlantic Council, NGOs und die CUNY Graduate School of Journalism besucht. Dort haben wir vor allem drei Fragen diskutiert: Wie gehen Journalisten und Co. mit bewussten Falschmeldungen um, welche Rolle spielen Fake News in ihrem Alltag und vor welche Herausforderungen werden sie dadurch gestellt?

Was ich dabei gelernt habe:

  1. Desinformation statt Fake News: Fake News ist ein irreführender und vor allem politisch besetzter und vorwiegend von Rechtskonservativen instrumentalisierter Begriff. Liebe Grüße an dieser Stelle an Donald Trump und alle Lügenpresse-Rufer. Wer dagegen lieber neutral berichten möchte, vermeidet diesen plakativen Ausdruck und spricht stattdessen von Desinformation oder schlicht Falschinformationen.
  2. Desinformation tritt in Zyklen auf: Dass Falschinformationen verbreitet werden, um damit politische Ziele zu erreichen oder schlicht Menschen zu polarisieren und provozieren ist nichts Neues. Laut Historikerin und Medienprofi Dr. Cindy Gueli werden in den USA seit dem 19. Jahrhundert gezielt falsche Informationen verbreitet. Und zwar immer dann, wenn ein Land in einer Identitätskrise steckt, sich Politik und Technologie wandeln und Menschen soziale Ängste teilen.
  3. Inhalte aus sozialen Netzwerken sorgfältig prüfen: Wenn es mal nötig ist, Informationen oder Fotos und Videos aus Instagram, Twitter & Co. zu verwenden, dann erst nachdem diese gründlich geprüft wurden, Stichwort Fact-Checking. Angie Holan von Politifact empfahl uns ihre 7 steps to better fact-checking (Link: https://www.politifact.com/truth-o-meter/article/2014/aug/20/7-steps-better-fact-checking/). Dabei können unter anderem Tools wie die Wayback Machine (Internetarchiv), die umgekehrte Bildersuche von Google oder TinEye Wobei es die moderne Technik in einigen Fällen nicht immer leichter, sondern auch schwerer macht, gefälschte Videos wie sogenannte Deep Fakes zu erkennen. Der TV-Sender CBS19 in Charlottesville, VA, versucht laut News Director Val Thompson sogar möglichst ganz auf Fremdmaterial zu verzichten und lieber mehr Teams rauszuschicken, die selbst Material sammeln können.
  4. Recherche, Transparenz & Diversität: Wenn Menschen den Medien wieder vertrauen sollen, müssen Journalisten nicht nur gut recherchieren und immer bei der Wahrheit bleiben. Sie müssen ihren Rezipienten auch zeigen, wie Redaktionen arbeiten. Die New York Times (NYT) versucht laut Redakteur Justin Bank beispielsweise, Desinformation gezielt mittels Faktenrecherchen zu widerlegen und Erklärjournalismus zu betreiben. Dabei wird auch mal der Mythos einer Schwangerschaft durch Oralsex aufgeklärt (Link: https://www.nytimes.com/2016/04/07/health/misconceptions-oral-sex-stds.html). Um möglichst viele verschiedene Personen zu erreichen, versucht die NYT außerdem die Diversität in der Redaktion zu vergrößern.
  5. Medienkompetenz fördern: Um heutzutage nicht als Analphabet zu gelten, reicht es nicht mehr nur lesen und schreiben zu können. „To be literate today, we really need to understand the media“, sagt Michelle C. Lipkin, Geschäftsführerin der National Association for Media Literacy Education. Was nützt es, wenn alle Journalisten gute Arbeit leisten, aber weiterhin falsche Informationen in Sozialen Medien auftauchen und niemand außer den Medienprofis diese als falsch entlarven kann. Schon Kindern und Jugendlichen sollten wir zeigen, wie man Medien lesen kann und welche Quellen zuverlässig sind und welche nicht. Ein gelungenes Projekt, was dazu bereits beigeträgt, ist eine Aktion (Link: http://2018.djs-online.de/) der Deutschen Journalistenschule, bei der DJS-Alumni letztes Jahr in ihre Schulen zurückgingen und mit 8000 Schülern über Fake News diskutierten.

Warum ich das erzähle:

Noch bis zum 14. Januar läuft die Bewerbungsfrist für JED19. Ihr erhaltet spannende Einblicke in die Welt der Falschinformationen aus US-amerikanischer Perspektive, lernt neue Leute kennen und müsst nicht mal etwas dafür zahlen, weil alle programmbezogenen Kosten übernommen werden. Bewerbt euch, ich kann es nur empfehlen! Mehr Informationen findet ihr hier (Link: https://culturalvistas.org/programs/specialty/jed/).

Warum ihr euch auch so damit beschäftigen solltet?

“Two-thirds of Americans think fake news causes confusion. The other one-third said, ‘Why are we talking about this when we’re being invaded by killer dolphins?’” – Conan O’Brien, 2016