Neujahrsvorsätze: Für die einen sind sie unverzichtbar, für die anderen nur eine nervige Tradition. Doch warum polarisiert dieses Ritual so stark? Ein Blick auf die gängigen Vorsätze liefert bereits einige Antworten. Laut Statista gehören zu den häufigsten Zielen: mehr Sport treiben, Geld sparen, sich gesünder ernähren, mehr Zeit mit Familie und Freunden verbringen und abnehmen. Auf den ersten Blick klingen diese Vorsätze vielversprechend. Aber erreicht man sie wirklich nur, weil man sie zu Neujahr festlegt?
Gerade in Zeiten von Body Positivity sollten wir uns fragen, ob oberflächliche Ziele wie Gewichtsverlust überhaupt noch zeitgemäß sind. Neujahrsvorsätze bewegen sich auf einem schmalen Grat: Einerseits können sie eine wertvolle Orientierung sein, andererseits geraten sie schnell zum Ausdruck eines überzogenen Optimierungswahns. Doch ist der Jahreswechsel wirklich der richtige Zeitpunkt für so etwas? Sollte das Ende eines Jahres nicht vielmehr Anlass sein, dankbar auf das Erreichte zurückzublicken, statt enttäuscht zu sein, weil wir bestimmte Ziele nicht erreicht haben?
Ein aktueller TikTok-Trend verdeutlicht das Dilemma: Kurz vor Jahresende ändern viele Menschen ihre Vorsatz-Listen, weil die ursprünglichen Ziele zu ehrgeizig waren. Aus „1.000 Euro sparen“ werden dann „10 Euro“. Aus „5 Kilo abnehmen“ wird plötzlich „5 Kilo zunehmen“. Das zeigt, wie oft wir uns zu große oder unrealistische Ziele setzen – und wie schnell daraus Frustration entsteht. Doch genau diese Enttäuschung sollte nicht den Jahresabschluss dominieren, der doch eigentlich gefeiert werden sollte.
Natürlich hat es etwas für sich, neue Ziele zu formulieren. Wenn diese realistisch sind, können sie uns tatsächlich weiterbringen. Aber dafür braucht es keinen bestimmten Tag. Jeder Zeitpunkt ist geeignet, um sich etwas vorzunehmen – solange es Ziele sind, die wirklich zu uns passen und unser Leben bereichern. Was bringt es beispielsweise, abzunehmen, wenn man dadurch ein gestörtes Verhältnis zum Essen entwickelt? Oder sein ganzes Geld zu sparen, aber dabei komplett auf die Freuden des Lebens zu verzichten?
Perfektionismus ist eine menschliche Eigenschaft, doch wir sollten uns davon nicht dominieren lassen. Statt ständig nach einem besseren Ich zu streben, könnten wir einfach zufrieden mit uns selbst sein. Vielleicht ist das der beste Vorsatz: Das neue Jahr nicht mit überzogenen Erwartungen zu beginnen, sondern es mit Freude und Dankbarkeit zu begrüßen.
Lasst uns das neue Jahr gebührend einläuten – nicht als Perfektionist:innen, sondern als Menschen, die bereit sind, jeden Tag als Gelegenheit für Veränderung zu sehen. Und vor allem: Lasst uns feiern, was wir haben, anstatt uns auf das zu fixieren, was uns fehlt.