Die Weihnachtsveranstaltung des Seminars Mediensystem der Bundesrepublik Deutschland des Studiengangs JoKo war eine ganz besondere: Anstatt von Fakten über den Presserat oder Zahlen zu den auflagenstärksten Zeitungen gab es Glühwein, Lebkuchen und den Regisseur Jonas Brand im Weihnachtsgespräch. Neben seinem kreativen Schreibfluss beim Autofahren und seiner Erkenntnis 2017, erzählt er unter anderem auch von seinem ersten eigenen Kurzfilm „hausg`macht“.
Jonas Brand ist freier Autor, Regisseur und Filmschaffender. Mit 15 Jahren interessiert er sich zum ersten Mal für den Aufbau von Geschichten, studiert zunächst Germanistik in München, danach Sprache und Text in Passau. Auch wenn er heute noch gerne Kurzgeschichten schreibt, widmet er sich letztendlich seiner Leidenschaft, dem Film und absolviert seinen Bachelor in Drehbuchschreiben an der Filmhochschule in Potsdam. Parallel dazu sammelt er in zahlreichen Praktika Erfahrung, so kümmert er sich beispielsweise 2009 als zweiter Regieassistent mit um die Organisation des Drehablaufs am Set der Kinoproduktion „Die Hummel“ von Sebastian Stern.
2012 entsteht dann der erste eigene Kurzfilm, die bayrische Tragikkomödie „hausg`macht“. Mit einem 30-köpfigen Team, viel Unterstützung von Freunden und Familie und der Finanzierung durch Spenden, Förderungen und Crowdfunding stellt der damals 25-Jährige sein erstes komplett selbst produziertes Filmprojekt auf die Beine. Mit einem Budget von 14.000€ entsteht innerhalb von 9 Drehtagen der erste eigene 30 minütige Film. Neben der Regie und dem Drehbuch, kümmert er sich auch selber um die Produktion. Die Vorlage für den Protagonisten Louis, Besitzer eines Feinkoststandes auf einem bayrischen Wochenmarkt, kommt aus seinem persönlichen Umfeld:
„Ein Kumpel von mir hat einen Marktstand, an dem er Brot verkauft. Das war die Ursprungsidee. Ich finde das Milieu am Markt sehr interessant, diese kleine Welt mit der man aber auch ganz viel über die große Welt erzählen kann.“
Woher der außergewöhnliche Titel kommt? „Hausgemachte Probleme und angeblich hausgemachte Delikatessen. Aber eigentlich kommt alles aus der Dose.“
Kleine Probleme gab es auch immer wieder beim Dreh selber: Z.B das Wetter, das nicht so mitspielt wie es soll. „Generell ist es für einen Regisseur wichtig auf Umwelteinflüsse reagieren zu können“, meint Jonas Brand.
„Bei hausg`macht zum Beispiel hatten wir Regenanschlussprobleme. Die ersten beiden Drehtage hat es durchgeregnet, dann gab es auf einmal strahlenden Sonnenschein. Da man die Szenen meist nicht chronologisch dreht, muss man in solchen Momenten kreativ werden. Also haben wir die Feuerwehr angerufen, die uns dann Regen gemacht hat. Man kann aber auch nicht immer umsetzten was man sich auf dem Papier überlegt hat. Häufig muss man am Set einfach flexibel auf die Umweltgegebenheiten reagieren. Dadurch entstehen oft die wirklich originellen und lebendigen Szenen.“
Dass Filme meist nicht in der chronologischen Reihenfolge gedreht werden, hat laut dem 30-Jährigen organisatorische Gründe: Aus finanzieller Sicht sei es meistens nicht realisierbar ein Drehset an ein und dem selben Drehort mehrfach aufzubauen. Stattdessen werden Anfangs- und Schlussszenen, welche häufig am gleichen Ort spielen, direkt nacheinander abgedreht.
„Allen am Set wäre es lieber chronologisch zu drehen, dem Regisseur, dem Produzenten und allen voran den Schauspielern“.
Dazu kommen die Schauspielersperrzeiten. Da die meisten Darsteller parallel noch Theater spielen oder an mehreren Filmprojekten gleichzeitig mitwirken, muss sich der Drehplan in erster Linie nach der Verfügbarkeit der Schauspieler richten. In der Regel dauert es mehrere Wochen einen solchen Plan zu erstellen.
Entgegen der romantischen Vorstellung eines Schriftstellers, der abends bei Kerzenlicht und einem Glas Rotwein seine Ideen zu Papier bringt, geht Jonas Brand seine Arbeit mit sehr viel mehr Struktur an:
„Ich fange meistens so gegen 9 Uhr an zu arbeiten, da geht dann erstmal nix. Meistens geht’s ab 12 Uhr dann richtig los. Im Schnitt komme ich dann auf circa 7-8 Stunden Schreiben am Tag.“
Natürlich entstehen nicht alle Ideen im stillen Kämmerlein: Die größte Lust zum Schreiben verspürt der gebürtige Deggendorfer beim Autofahren: „Das ist saublöd, weil ich dann natürlich nichts aufschreiben kann.“
Ist die Idee erstmal da, gibt es zwei unterschiedliche Arten sie weiterzuentwickeln: Plot driven und character driven. Bei ersterem hat man zu Beginn des Prozesses zwar häufig schon einen Protagonisten im Kopf, der Fokus liegt jedoch auf der Handlung selber. Wenn eine Geschichte character driven entsteht, liegt das Augenmerk auf dem Wesen des Charakters. Sein Aussehen, seine Charakterzüge und Wertvorstellungen werden sehr genau ausgearbeitet und dann wird überlegt, wie sich diese Figur in einem bestimmten Setting verhalten würde. Diese Art bevorzugt Jonas Brand:
„Früher bin ich von der Handlung selber ausgegangen. Seit diesem Jahr gehe ich nur noch über die Charaktere. Es macht viel mehr Sinn sich die Figuren erst ganz genau zu überlegen, deren Geschichte zu entwickeln. Wenn man dann soviel Material hat, muss man die Figuren meistens nur noch auf einander treffen lassen, und es kommt von selbst eine Handlung zustande. Das war meine größte Erkenntnis dieses Jahr.“
Auch die meisten Serien bauen auf diesem Prinzip auf. Wir fühlen mit den Charakteren mit, identifizieren uns vielleicht sogar mit ihnen und sind traurig, wenn die Serie vorbei ist und wir nicht wissen wie die Figuren sich weiterentwickeln. Parasoziale Interaktion heißt dieses Phänomen. Genau das ist es auch was Breaking Bad zu einer von Jonas Brand Lieblingsserien macht. Aber auch deutsche Produktionen, wie beispielsweise dem Netflix original Dark ist er nicht abgeneigt:
„Wir stehen mit dieser Serie an einem Wendepunkt. Es wird prognostiziert, dass in den nächsten Jahren auf solchen deutschen und ausländischen Streamingplattformen jährlich sechs bis acht deutsche Produktionen herauskommen und international ausgewertet werden. Da haben wir beste Chancen im Moment.“