Die besten Deals des Jahres. Noch drei Tage 20% Rabatt. Die Top-Deals und Angebote von heute. Sale: bis zu 50% Rabatt sparen. Rabatte, Sales, Schnäppchen. Aus jedem Geschäft springen einem an Fensterfronten schwarze Plakate entgegen, die mit Aktionen für den Black Friday werben. Manche Geschäfte tapezieren gleich ihre gesamte Ladenansicht mit Prozentzeichen.
Menschenmassen schieben sich durch Fußgängerzonen und drängen sich in Läden zusammen. In Einkaufszentren bewegt man sich im anstrengend schleichenden Bummelschritt fort. Vom Schnäppchenblitz getroffene Shoppingwütige bleiben abrupt mitten im Gang stehen. Genervte Blicke und missmutiges Gemurmel aufseiten der nun zum Ausweichen gezwungenen Käufer. Gefolgt von schrillem Quietschen zahlreicher Schuhe, die über auf Hochglanz polierte Fließen hasten. Nervtötendes Kaufhaus-Gedudel wird vom Lärm hitziger Diskussionen um Kaufentscheidungen übertönt. Ellenbogen auf Rippenhöhe und anrempelnden Schultern begegnet man im Sekundentakt. Ein typischer Black Friday.
In einer Gesellschaft des Überflusses müssen neue Anlässe her, um die Leute zum Geld ausgeben zu animieren. Black Friday, Cyber Monday und Co. An diesen Tagen herrscht Ausnahmezustand in Deutschlands Einzelhandel und Online-Stores.
Rabatte, Rabatte und nochmal Rabatte
Mit dem Black Friday eröffnet der Handel jedes Jahr offiziell das Weihnachtsgeschäft. Traditionell findet der von Schnäppchenjägern heiß ersehnte und von Angestellten gefürchtete Rabatttag am Freitag nach Thanksgiving in den USA statt. 2013 ist der Trend auch nach Deutschland übergeschwappt. Seitdem schlägt der Hype von Jahr zu Jahr größere Wellen. Für dieses Jahr rechnete der Deutsche Handelsverband mit einem Umsatz von 3,1 Milliarden Euro. Allerdings ist die Rabattschlacht längst nicht mehr auf diesen einen Tag begrenzt. Vor allem Onlinehändler lassen sich immer kreativere Marketingstrategien einfallen, um bereits vorab mit Schnäppchen zu werben. Doch auch der Einzelhandel zieht nach und prahlt auch am Samstag noch mit dem Schnäppchen-Wochenende. Neben dem Black-Weekend, der ganzen Black-Week oder sogar dem Black Month, gibt es weniger bekannte Formate mit dem Versuch hervorzustechen, wie etwa den Beauty Friday bei Douglas, den Red Friday bei Media Markt oder die Pre Black Friday Deals von About You. Am bekanntesten ist wohl die Cyber Week von Amazon, die im Cyber-Monday nach dem Black Friday gipfelt. Immer ausgefallenere Lockangebote und kreative Namensgebungen, um den Kaufrausch künstlich in die Länge zu ziehen. So dröhnen uns teilweise eine ganze Woche lang Prozentzeichen mit schwarzen Schriftzügen aus Ladenfronten, Fernseh- und Computerbildschirmen entgegen.
Kurzer Glücksrausch
„Lieber sparen als gar kein Geld ausgeben“, so die verquere Mentalität hinter den Spartagen laut der Sendung extra 3 des NDR. Dem Einfluss der Werbung zu Black Friday Angeboten kann man sich nicht einfach entziehen. Wider besseren Wissens fallen wir fast automatisch auf die Marketingstrategien der Unternehmen herein. Das Prozentzeichen allein aktiviert das Belohnungszentrum im Gehirn, was zur Ausschüttung des Glückshormons Dopamin führt. Gleichzeitig rückt der Teil unseres Gehirns in den Hintergrund, der normalerweise für den Ablauf unserer Entscheidungen zuständig ist. Dadurch werden Kaufentscheidungen emotional und irrational. Um dem entgegenzuwirken sollte man zwischen dem Kaufwunsch und dessen Tätigung einen zeitlichen Abstand von mindestens einer halben Stunde einplanen. Denn wenn die Belohnung nicht unmittelbar einsetzt, ist das Objekt der Begierde plötzlich nicht mehr interessant. Die zeitliche Begrenzung der „Schnäppchen“ auf einen Tag oder ein Wochenende, setzt den Käufer jedoch unter Druck. Man muss zuschlagen bevor die Frist abläuft, um auf jeden Fall zu verhindern, dass einem etwas entgeht. So landen am Black Friday neben Kleidung im Überfluss, TV-Geräte nebst Schmuckstücken im Einkaufswagen, wenn man doch eigentlich „nur mal schauen“ wollte. Einzig um am nächsten Tag den Blick in einen leeren Geldbeutel oder auf ein knapp gewordenes Konto zu werfen und festzustellen, dass man eigentlich keinen größeren Fernseher und einen Berg neuer Klamotten gebraucht hätte. Denn im Nachhinein bereut man solche Affekt-Käufe schnell.
Friday for a black future
Auf der einen Seite der kurze Glücksrausch der Vergänglichkeit von materiellem Besitz, auf der anderen Seite das Engagement für die Zukunft. Vergangenen Freitag konnte die Kluft zwischen den Wegen wohl kaum größer sein. Während die einen im Kaufrausch Jagd auf vermeintliche Schnäppchen machten, reihten sich andere in zahlreiche Demonstrationen zum globalen Klimastreik der Fridays for Future-Bewegung ein. Wo die einen für Klimaschutz einstanden und mit Plakaten unter anderem daran erinnerten, dass es keinen Plan B im Sinne einer zweiten Erde gibt, unterstützten die anderen den verschwenderischen Umgang mit Gütern. Welchen Beitrag der Kaufwahn des Black Friday leistete? Einen großen Schritt näher Richtung Friday for a black future.
White Monday als Heilmittel
Anstatt am Black Friday der Verschwendungssucht zu frönen, sollte am White Monday lieber eine Lobeshymne auf die Nachhaltigkeit gesungen werden. Der schwedische Student Henning Gilberg rief 2017 im Alter von 25 Jahren das Antidot zum Black Friday ins Leben. Der White Monday am Montag vor dem Black Friday soll dazu anregen, den Wegwerf-Konsum der heutigen Gesellschaft infrage zu stellen und nachhaltige Alternativen in Erwägung zu ziehen, um den Lebenszyklus von Produkten zu verlängern. Teilnehmende Unternehmen und Organisationen boykottieren den Black Friday Hype, indem sie nicht mit besonderen Rabattaktionen locken. 2018 nahmen bereits über 160 Unternehmen, Organisationen und Influencer an der Bewegung teil. Mitwirkende Firmen sind beispielsweise Second-Hand Läden, Lebensmittelretter, Gebrauchtwarenanbieter oder Betriebe, die Recycling oder Upcycling betreiben. So kam es, dass die beiden Gründerinnen Anna und Sophia mit ihrem Start-Up hejhej-mats für recycelte Yogamatten den White Monday nach Deutschland brachten.
Bis sich der Gegenspieler zum Black Friday jedoch auch hierzulande durchsetzt, ist zuerst ein Mentalitätswandel unserer Wegwerfgesellschaft nötig. Aktuell scheinen rot gefärbte Sale-Banner an Ladenfronten und aufdringliche Prozentzeichen auf Preisschildern verlockender als nachhaltiger Konsum.