Vergangenes Wochenende feierte das Winterbeats Festival in Ingolstadt zehn Jahre Jubiläum – und das mit einer großen Party. Kein Wunder bei dem Line-Up und einer ausverkauften Saturn Arena. Über 60 DJs, Acts und Künstler und rund 6300 Gäste feierten Samstagnacht auf dem größten Indoor-Festival Süddeutschlands.
Pünktlich um 19:30 Uhr wurden die Eingänge für die erwartungsvollen Gäste geöffnet. Willkommen waren alle Partyliebhaber ab 16 Jahren, mit Begleitung durften sogar die minderjährigen Besucher bis zum Ende feiern. Menschen von jung bis alt waren in den verschiedensten Konstellationen anwesend: Überwiegend wohl Schüler und Studenten, aber auch viele Erwachsenengruppen oder auch Eltern-Kind-Pärchen strömten in die große Halle, in der sie Bühnen mit lauten Musikanlagen und aufregenden Lichtshows und Feuereffekten erwarteten. Die Organisation beim Einlass war ziemlich kompliziert geregelt. Ausweiskontrolle, gegebenfalls „Muttizettel“ der mit jeder Menge Papierkram einherging, Ticketscan, Vergabe des Festival-Stoffbändchen – falls zuvor gebucht – und zum Schluss gab es nochmal verschiedene Papierbändchen, auch für die Besucher, die bereits ein Stoffbändchen erhalten hatten. Dies führte zu einigen Missverständnissen und großer Verwirrung vor allem bei den betrunkenen Ankömmlingen, sowie zu langen Wartezeiten in der eisigen Kälte und teils schlechter Laune bei den Gästen.
Das große Spektrum an überwiegend elektronischer Musikrichtungen, die beim Winterbeats zu vertreten sind, und namhaften Vertretern der Genres sind jedes Jahr ein Kennzeichen vom Winterbeats: So heizten einer der beiden DJs des israelischen Psytrance-Duo Vini Vici, das norwegische Hardstyle-Duo Da Tweekaz oder der unverkennbare Künstler Neelix, welcher mit seinen treibenden Sets irgendwo zwischen Progressive House und Progressive Trance heutzutage auf keinem Elektro-Event mehr wegzudenken ist, die feierwütige Masse auf der Mainstage im Laserdome ordentlich ein. Mainstage bedeutete allerdings vor allem auch Mainstream: Ständig wurden aktuelle Chartsongs oder alte Klassiker geremixed und die laufenden Sets durch Gesänge und den herkömmlichen EDM-DJ-Aufforderungen wie „Put your hands up in the year“ oder „Ingolstadt – I can’t hear you“ gestört, was aber dem Großteil der Besucher sehr zu gefallen schien. Begeistert sangen und schrien die Besucher mit den Künstlern, tanzten und sprangen ausgelassen und genossen den Massenrave im Herzen der Saturn-Arena. Auch in den vorangegangen Sets von beispielsweise Tim Bayer, Gigo n Migo oder Mashup Germany fand sich dieser massentaugliche Flow wieder, bei dem es mehr darum geht, die Menge auf Touren zu bringen, als darum, individuelle Musikshows darzubieten, sodass sich manche Künstler gefühlt mehr stehend und klatschend auf dem DJ Pult aufhielten, als dahinter. Es wirkte beinahe so, als fühlten sich die Acts auf der Mainstage dazu verpflichtet, ihre Musik durch ein gewisses Maß an Mainstream dem Publikum anpassen zu müssen, wohingegen die DJs auf den kleinen Stages sich ihrem Genre perfekt hingeben konnte. Jeder Gast konnte zu jedem Zeitpunkt die Musik hören, auf die er gerade Lust hatte. Aka Aka, die für ihre eingängigen, rhythmischen Sounds bekannt sind, und Mausio, den sein ganz eigener unverkennbaren Stil des Future Technos ausmacht, zeigten sich trotzdem von ihrer guten Seite, wenn auch nicht von ihrer besten. Hervorzuheben ist Neelix, welcher definitiv seinem gewöhnlichen Erscheinungsbild und seiner Musik, wie man sie von all seinen unvergesslichen Auftritten kennt, treu geblieben ist.
Die Arena verwandelte sich in der Nacht in eine Elektro-Winterwelt, passend wurden auch die verschiedenen Stages, die sich im ganzen Stadion verteilten, passend betitelt: Antarktis Wave und Snowstorm Area hießen die Stages neben dem Mainfloor auf der Eisebene im Erdgeschoss. Auf der Tribünenebene waren Polarlicht, Eiskeller-Area und der Hot’n’Dirty Floor zu finden. Sogar Schlager, Charts und Party Classics und Black bzw. Hip-Hop waren auf drei verschiedenen Areas vertreten, ob die bei einem Event, dass den Begriff „beats“ im Namen trägt, wirklich dabei sein müssen, darüber lässt sich streiten. Die Black-Area erstreckte sich sogar über die gesamte Südseite der Arena, nicht weit von der Goa-Area, dem großen VIP-Bereich und vieler Sitzmöglichkeiten auf der Tribüne im Innenraum entfernt.
Zugegebenermaßen war es gar nicht so einfach, sich einen Überblick über das Gelände zu verschaffen. Nach mehreren Runden, die man zunächst orientierungslos und doch gespannt zu Beginn der Veranstaltung in der Arena drehte, hatte man allerdings mehr oder weniger den Dreh raus. Neben der Bühnen gab es natürlich überall verteilt Bars, Imbissbuden und Merch-Stände, aber auch eine Fotoleinwand, Neonfarbenpainting und viele andere kleine Extras. Neben der Snowstorm-Hardstyle-Area fand sogar eine ganze Foodtruck-Area mit besten kulinarischen Spezialitäten ihr Plätzchen.
Die Snowstorm-Stage war recht klein und unscheinbar, trotz bekannterer Hardstyle-Acts wie Bass-D, der sonst auf großen Hardcore-Events wie Masters Of Hardcore, Defqon 1, Dominator oder Decibel zu sehen ist – oder Iceman – der seinem Slogan „Der Bass muss ficken“ stets gerecht wird. Laut schallende, aggressive Bässe jenseits der 150bpm und hektische Laser ließen das Publikum tanzen, springen, wild in Luft boxen und die Körper vibrieren. Schaurige Masken, verrückte Sonnenbrillen und Bandanas in verschiedenen Variationen durften natürlich nicht fehlen.
Auf der neuen Goa/Psytrance-Stage – der Polarlicht-Area – traf man auf Acts wie Omiki, Novotix, Caox oder Bebo & Friends. Neonfarben und malerische Farbverläufe, psychedelische Muster und Mandalas und Schwarzlicht versetzte das Publikum in einen tranceartigen Zustand. Verträumt, gedankenverloren und sorglos bewegten sich die Menschen zu der Musik. Tracks von Vini Vici und Neelix – welche ja auch auf der Mainstage live zu sehen waren – waren gelegentlich zu hören. Leider war die Stage sehr klein, die Boxen nicht die stärksten und die Area war an einer Eckposition zwischen einem Eingang und einem Getränkestand positioniert, so dass nicht viele Menschen ohne großes Gedrängel dort Platz fanden. Trotzdem definitiv ein „place-to-be“ an dem Abend.
Die puren Techno Fans hielten sich wohl eher in der Antarktis Wave gleich hinter der Mainstage auf, welche auch am längsten geöffnet war. Obwohl das Festival offiziell um fünf Uhr endete – und die meisten Stages zwischen halb fünf und fünf langsam schlossen – ließ sich der deutsche DJ Ask:me trotz angehender Lichter und mehrere Mahnungen der Securities erst um zwanzig nach fünf von seinem Pult vertreiben. Die Area glich einem klassischen Technoclub: ein dunkler, heißer Raum, viel Nebel und Schwarzlicht, eine trippy Stage auf der zwei riesige, düstere Augen abgebildet waren und jede Menge wild und ausgelassen tanzende, verschwitzte Menschen, die sich von den teils finsteren und dumpfen Bässen und den berauschten Technoklängen treiben ließen. Sonnenbrillen trotz Dunkelheit – keine Seltenheit in dieser Nacht. Unter anderem Techno-Größen wie Drumcomplex oder Pleasurekraft stellten dort ihr Talent mal wieder unter Beweis.
Wer nach Ende der Veranstaltung immer noch nicht genug hatte, konnte bei der offiziellen Afterhour von „Techno ist Familiensache“ im City Night bis 12 Uhr mittags weiterfeiern.