Ganz oben auf der To-Do-List: Geld wechseln. Mit Euro komme ich hier nicht weit. Ran an den Automaten, Karte rein, Karte raus. So schnell geht das heute und zack – ich bin stolze Besitzerin eines Batzen belarussicher Geldscheine. Für 1€ kriege ich 1,99 BYN. Easy, einfach alle Preise durch zwei teilen – sollte ich nach meinem Mathe LK hinkriegen.
Doch was kriege ich hier so alles mit meinem Geld?
Ich halte erstmal Ausschau nach einem Café, ein ordentlicher Becher Koffein ist schließlich der Maßstab für einen jeden Studenten.
Passau liegt diesbezüglich ja glücklicherweise nicht unbedingt in der obersten Preisklasse – für 1,90 € kriegt jeder von uns einmal Aufwachen to go. Kleiner Tipp am Rande: kauft niemals Kaffee am Hauptbahnhof in Kopenhagen – umgerechnet 7,50€ für einen Cappuccino, das Studentenherz hat geblutet, aber was tut man nicht alles, um die Sucht zu befriedigen.
Schluss mit der Nähkästchenplauderei – ich entdecke das Objekt der Begierde und stelle erfreut fest: Auch hier kostet der Kaffee 1,90 – aber halt! – immer brav durch zwei teilen. Und auch sonst fällt mir auf: Die Preise unterscheiden sich ziffernmäßig nicht zu den deutschen, aber natürlich in der Währung. Was Lebensmittel, Fahrtkosten etc. betrifft, ist das Leben in Belarus – zumindest in der Stadt – nur halb so teuer für uns. Ich betone: für uns. Denn die ganze Sache hat einen dicken fetten Haken. Oder zwei. Oder drei. Mieten sind hier beispielsweise unbezahlbar. Bei einem durchschnittlichen Einkommen von nur 250€, kostet die Miete für eine 2-Zimmer-Wohnung nicht selten das Doppelte oder gar Dreifache – kalt, ohne Nebenkosten, nicht renoviert. Außerdem nimmt der Wert des Geldes stetig ab – die Inflationsrate des Belarussischen Rubels liegt aktuell bei 10%. Das klingt allerdings durchaus rosig, verglichen mit den Zahlen, die das Land während der tiefen Wirtschaftskrise 2010/2011 schrieb: 108% betrug die Inflationsrate im absoluten Tiefpunkt. Zum Vergleich: die des Euro in Deutschland liegt bei knapp 1,9%. Angeblich beträgt die Rente des ehemaligen Präsidenten aufgrund der Inflation umgerechnet nur noch 1,50€ monatlich.
Mir wird bisschen schwindelig bei meinen Recherchen und den erschreckenden Zahlen, die ich hier über das Land erfahre. Dass die Armut groß ist, war mir bewusst und macht sich auch im Alltag bemerkbar, aber wie man bei den Mietpreisen mit dem Gehalt überleben soll, ist mir ein Rätsel.
Bisschen schockiert schlürfe ich meinen 95-Cent-Kaffee und bin dankbar für BaföG und meine Schnäppchen-Studentenbude.
Quellen:
https://www.laenderdaten.info/durchschnittseinkommen.php
http://www.focus-economics.com/countries