The Society – Wenn es nur noch unsere Generation gibt

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Viola Hobbie Ressortleiterin Gesellschaft & Politik

Was passiert wenn junge Menschen auf sich alleine gestellt sind, ohne Eltern oder nervige kleine Geschwister? In dem Alter, in dem sie denken, sie könnten die Welt erobern und werden alles mal anders machen als die Elterngeneration. Wie verhalten sie sich, wenn sie auf einmal von der Außenwelt abgeschottet sind und nur gleichaltrige Mitschüler um sich haben? Eine Idee, was passieren könnte, liefert die neue Netflix Serie „The Society“.

Die Abschlussklasse der West Ham High fährt auf Klassenfahrt, doch die Busfahrt muss wegen einer Straßensprerrung vorzeitig abgebrochen werden. Als die Jugendlichen zurückkehren, ist die Stadt wie ausgestorben und der Kontakt zur Außenwelt komplett abgebrochen, da die Stadtgrenzen auf einmal von einem riesigen Wald umgeben sind, der endlos zu sein scheint. Sie sind auf sich alleine gestellt.

Die Serie besteht aus 10 Folgen, die jeweils knapp eine Stunde lang sind und gerade am Anfang zieht sich die Handlung sehr. Die Idee der Serie eine Welt zu zeigen, in der die Jugend regiert, ist trotzdem sehr spannend und so fragt sich der Zuschauer: Werden die Familien irgendwann zurückkehren? Sind die jungen Menschen in einer Art Parallelwelt gefangen? Und vor allem was passiert, wenn die Jugend regiert?

Nachdem einer der Jugendlichen ermordet wird, nimmt die Geschichte Fahrt auf. Alle bekommen plötzlich Angst und weil jeder Amerikaner klischeemäßig eine Waffe besitzt, werden diese alle mal eben ausgepackt und niemand scheint dem anderen mehr zu trauen. Glücklicher- oder unglücklicherweise wird der Täter schnell ausfindig gemacht. Jetzt stellt sich die Frage, wie es weitergehen soll. Schon zu Beginn der Serie kristallisiert sich heraus, dass die Gruppe einen Anführer braucht. Dieser steht jetzt aber in der schwierigen Position ein Urteil sprechen zu müssen und ist zu allem Übel auch noch persönlich involviert. Darf man den Täter verurteilen oder gar umbringen? Es wird aufgezeigt, wie schwer es sich in so einer Machtposition lebt und wie schwierig es sein kann neutral zu urteilen. Die Entscheidung, die am Ende gefällt wird, spaltet die Klasse.

Vor allem die neue Situation, dass sich die Jugendlichen um alles selbst kümmern müssen, auch um ungewohnte Arbeit wie Putzen, ist für viele Schüler herausfordernd. Gerade der verwöhnte Schulschönling hat große Probleme damit und verwandelt sich vom coolen Angeber zum depressiven Wrack. Seine Freunde hingegen nutzen die neue Situation, um sich in ihrer Machtposition als Wächter, die dafür sorgen sollen, dass die Regeln eingehalten werden, aufzuspielen. So demütigen sie beispielweise eine Mitschülerin. Besonderer Nervenkitzel wird durch einen Schüler verliehen, der wohl bereits in seiner Kindheit als Psychopath diagnostiziert wurde und Spaß daran findet andere zu quälen, was vor allem für eine Schülerin, in die er sich verliebt weitreichende Folgen hat.

Es fehlt definitiv nicht an Spannung, zum Beispiel wenn ein Arzt gebraucht wird. Die Jugendlichen müssen in Extremsituationen einen kühlen Kopf bewahren und improvisieren, um Leben zu retten. Die Serie brilliert zwar durch viele unerwartete Spannungsmomente, hat aber auch einige Längen. Das Innovative ist der Dystopie Gedanke: Ein Ort, abgeschieden von allem und die Verhaltensveränderungen der jungen Menschen in einer solch ausweglosen Situation. Es wird versucht ein Rechtsstaat mit klaren Regeln aufzubauen, aber wer hört schon gerne auf Gleichaltrige? Am Ende gibt es einen undemokratischen Machtwechsel, dessen Folgen noch recht offenbleiben. Mehr dazu vermutlich in einer eventuellen zweiten Staffel, in der vielleicht auch geklärt wird, in was für einer Welt die Schüler gefangen sind und wie sie zu ihren Familien zurückkehren können.

Fazit der blank-Autorin: Ich persönlich habe mich in den ersten Folgen etwas gelangweilt. Die Story nimmt nur sehr langsam Fahrt auf, aber gerade zur Mitte hin wird es sehr spannend. Es handelt sich nicht um eine 08/15 Teenie Serie. Das Gedankenspiel ist vor allem deswegen sehr spannend, weil man eigentlich das Gefühl hat, dass der Großteil unserer Generation dieselben Werte vertritt. In der Notsituation denken wir aber vielleicht dann doch nur an uns. Die düstere Stimmung kann auf Dauer auch sehr anstrengend sein. Zu hoffen bleibt nur, dass die Serie weiter geht und zwar mit einem guten Ende.