Türchen 15: Zu (Glüh-)Vino, sagen wir nie no!

So klischeebesetzt, oder hier vielleicht wortwörtlicher ausgetrunken, dieser Spruch auch sein mag, desto treffender beschreibt er wohl den allseits geliebten Glühweinspirit der Weihnachtszeit. Wer kennt es nicht, wenn aus dem geplanten „Alibi-Tässchen“ doch unverhofft fünf werden, selbst der größte Wintermuffel in geselliger Runde mit Freund:innen oder Kolleg:innen von innen und außen auftaut und fleißig das Tanzbein zu „Last Christmas“ geschwungen wird. Vermissen wir die bayrischen Christkindlmärkte? Keine Sorge, natürlich nur eine rhetorische Frage!

Da es in Coroni-Zeiten ja beinahe schon Gang und Gebe ist, in der Theorie feststecken zu müssen, möchte ich euch heute jedoch statt einem Heißgetränk im Folgenden lieber etwas Expertenwissen servieren. Denn welchen Ursprung hat eigentlich die Glühweintradition, die uns Jahr für Jahr so zuverlässig die Wintermonate versüßt? Das ist selbst bis heute noch nicht ganz klar und Gegenstand einiger Mythen. Eben eine richtige kleine Weihnachtsgeschichte.

Zurück zur ersten richtigen Fährte müssen wir einen Zeitsprung bis zu den alten Römern einlegen. Bereits diese ließen Wein und Gewürze nämlich zu Gaumenfreunden werden. Ein erwähnenswerter Name ist hier der des Feinschmeckers Apicius, der, in seinem antiken und gleichzeitig ältesten erhaltenen Kochbuch der Geschichte, eine eigene Kreation unter dem Titel „conditum paradoxum“ (wörtlich übersetzt: antiker römischer Würzwein) verewigte. Honig wurde mit etwas Wein eingekocht und mit Pfeffer, Lorbeerblättern, Safran und Datteln gewürzt.

Im späten Mittelalter wurde dieser derartig mit Gewürzen veredelte Wein nicht nur zu Genusszwecken als wahre Kostbarkeit gehandelt, sondern vorwiegend in der Verwendung als Arzneimittel. Aufgrund der Vielzahl an enthaltenen ätherischen Ölen, sollte er gut Beschwerden wie Durchfall, Periodenschmerzen und Halsweh entgegenwirken. Der oft mit einem Augenzwinkern kombinierte Spruch, dass „Alkohol die beste Medizin sei“ scheint wohl hier seinen Ursprung zu finden. Da aber noch an der kalten Version festgehalten wurde, ist fraglich, ob Glühwein schon eine valide Bezeichnung darstellte. 

Die wohl bekannteste Herkunftsgeschichte spielte sich allerdings erst um das Jahr 1843 in Sachsen ab, wo der sagenumwobene Raugraf Wackerbarth das erste adäquate und gesicherte Glühweinrezept veröffentlichte. Entgegen des Irrglaubens, dass er sich als Alchemist ausschließlich auf die Herstellung von Gold konzentrierte, widmete er sich vielmehr seit jeher der Verbesserung von Weinen und machte es sich zur Aufgabe eine beachtliche Rezeptesammlung auszuarbeiten, 65 an der Zahl. Nachmachen ist allerdings kaum empfehlenswert, rechnet man die Maßangaben heute um, ist ein beinahe ungenießbares Getränk, aufgrund seiner schieren Masse an Gewürzen, das Ergebnis.

Die Schweden legen bei dieser Version jedoch vehement ihr Veto ein. Um die gleiche Zeit wurde nämlich bereits auch schon am schwedischen Königshof gewürzter und erhitzter Wein geschlürft, der mittlerweile bekannt als „Glögg“ ebenfalls längst unsere Supermärkte erobert hat. Da es sich aber bei der Ehefrau des König Gustav Wasas um die adelige Katharina von Sachsen-Lauerburg aus Sachsen handelte, kann davon ausgegangen werden, dass die wahren Wurzeln in Deutschland bleiben dürfen.

Die Geburtsstunde des kommerziellen Glühweins in Augsburg markiert schließlich das Jahr 1956. Der Weinkellerer Rudolf Kunzmann verschrieb sich der Mission Flaschen en masse abzufüllen und erschwinglich zu veräußern, trotz des Gesetzes, welches ihm eigentlich verbot, dem Wein Zucker zuzufügen – der Bußgeldbescheid folgte prompt. Etwas später wurde oben genanntes Weinrecht jedoch geändert, Herstellung und Vertrieb wurden legalisiert. Die Verkaufszahlen, allen voran auf Weihnachtsmärkten, gingen erwartungsgemäß durch die Decke und der Rest ist endgültig history.

In diesem Sinne, ran an die Tassen meine Lieben und einen wundervollen 15. Dezember!

PS: Ein kleiner Geheimtipp von mir an alle Fans wäre der weiße Nürnberger Glühwein, erhältlich im Rewe unseres Vertrauens.

 


Quellen:

  • FAZ.net: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/weinkunde-die-geschichte-des-gluehweins-182899.html
  • blog-wee.de: https://blog.wee.com/2017/11/02/woher-kommt-eigentlich-der-gluhwein/
  • focus.de: https://www.focus.de/wissen/das-beste-am-advent-wer-erfand-eigentlich-den-wohlich-weihnachtlichen-gluehwein_id_3465830.html
  • organic-glühwein.de: https://organic-gluehwein.de/uncategorized/gluehwein-wer-wo-erfunden-geschichte-erfindung/


 Beitragsbild: Amelie Marschall