Weihnachten ist eine magische Zeit! Die Probleme der Welt scheinen für eine kurze Zeit wie weggeblasen und die größten Sorgen bestehen darin, rechtzeitig alle Geschenke zu besorgen und wie man den Winterspeck wieder loswerden soll. Im Weihnachtsspecial aus dem Dezember 2014 „White Christmas“ (zu sehen auf Netflix) seiner Anthologie-Serie „Black Mirror“ versucht Schöpfer und Autor der Serie Charlie Brooker genau diese heile Welt zu zerstören, indem er, wie eigentlich in allen „Black Mirror“-Episoden, die Gefahren einer in unserer Gesellschaft immer dominanter werdenden Technik aufzeigt. Das Weihnachtssetting eignet sich dafür sehr gut, da die neuesten Technikerrungenschaften meist am Ende des Jahres erscheinen, um pünktlich unter dem Weihnachtsbaum zu landen. Diese Episode stellt zwei solcher Technikinnovationen vor, die schon in einigen Jahren in allen Schaufenstern stehen könnten.
Zum einen ist das eine Art kybernetischer Augen, mit denen man Fotos schießen oder das, was man sieht, direkt ins Internet übertragen kann. Außerdem lassen sich damit unliebsame Personen blockieren, was diese Person als einen verpixelten Schemen erscheinen lässt und alle verbale und non-verbale Kommunikation in beide Richtungen unmöglich macht. Zum anderen ist das der sogenannte „Cookie“, eine virtuelle Kopie der Person, die ihn in Auftrag gegeben hat. Dieser „Cookie“ ist damit beauftragt, Aufgaben im Haushalt und Konsumentscheidungen für den Auftraggeber zu übernehmen, und da es sich quasi um die selbe Person handelt werden diese genau so ausgeführt, wie es die „echte“ Person auch tun würde. Es wird also auf Konzepte aufgebaut, die wir aus unserer Welt kennen (wie in diesem Fall die „Cookies“, die unser Verhalten im Internet beeinflussen). Sie sind also nicht komplett aus der Luft gegriffen und bieten auch Anstoß, über die Rolle bestimmter Technologien in unserer Gesellschaft nachzudenken.
Allerdings ist „Black Mirror“ in erster Linie Unterhaltung und fühlt sich nur selten belehrend an. In 74 Minuten Laufzeit werden mehrere scheinbar kaum zusammenhängende Kurzgeschichten erzählt, bis obenhin vollgepackt mit interessanten Konzepten, dramatischen Wendungen und Aha-Momenten. Zwei Männer sitzen am Weihnachtsmorgen in einer verschneiten Hütte, scheinbar einer Art Exil, fest. Der eine, gespielt vom sehr charismatischen Jon Hamm, versucht das Eis zu brechen, indem er Geschichten aus seinem Leben erzählt und warum er an diesem Ort gelandet ist. Dabei entfalten sich verschiedene Zeitebenen, die immer wieder mit kreativen Übergängen verknüpft werden. Von einem film- und allgemein produktionstechnischen Standpunkt ist diese Episode sehr hohes Serienniveau.
Der Weihnachts-Wohlfühlfaktor ist zu Beginn der Episode recht stark ausgeprägt. Eine breite Auswahl an Weihnachtsliedern laufen im Hintergrund, der Duft eines Weihnachtsbraten liegt in der Luft und eine Prise Humor fehlt auch nicht. Doch je länger die Folge läuft und sich zu einer Art Parabel über die Bedeutung gelungener Kommunikation und den Gefahren, die eine fortschreitende Technik auf diese ausüben können, entwickelt, desto mehr weicht die anfängliche Wärme einem kalten Schauer.
Abschließend lässt sich sagen, dass „White Christmas“ sowohl für Weihnachtsfans als auch Muffel einen sehr unterhaltsamen, aber auch zum Nachdenken anregenden Filmabend bietet. Die Weihnachtselemente sind größtenteils im Hintergrund und bieten den Rahmen der Handlung, erzeugen aber ein wenig weihnachtlichen Charme. Dadurch, dass auch recht komplexe Themen angeschnitten (wenn auch nicht in aller Tiefe durchdrungen) werden, stellt dies einen angenehmen Kontrast zu den Weihnachtesablegern vieler anderer Serien da.
Fazit: Fast so gut wie das StarWars-Weihnachtsspecial. Ganz großes Serien-Kino!