Ach ja, alle Jahre wieder…
Da kommt sie, die schönste Zeit des Jahres; süßer die Glocken nie klingen.
Doch irgendwie kann ich das Glockenklingen, das mich als Kind verzaubert hat, mit jedem Jahr weniger hören. Von einem fröhlichen, singenden Weihnachtself, werde ich jedes Jahr mehr zu einem brummigen Weihnachtsmuffel.
Anstatt mit kribbelnden Magen jeden Dezembermorgen aufzuwachen und auf den Heiligenabend hinzufiebern, kommt mir die Adventszeit immer mehr wie ein hektisches, gestresstes Rauschen vor. Ist es die kindliche Naivität, die einen den ganzen Rummel nicht mitbekommen lässt oder ist Weihnachten in den letzten Jahren tatsächlich immer hektischer und kommerzieller geworden?
Als Kind kam mir die Vorweihnachtszeit immer so lange vor, eine süße, wohlig-warme Ewigkeit, in der gebacken, gesungen und genossen wurde. Die Wohnung wurde in ein kleines Märchenland verwandelt und der Heiligabend hat sich mit seiner Ankunft Zeit gelassen. Doch dann war er da und das Wohnzimmer wurde zu einem geheimnisvollen Ort, den man zunächst nicht betreten durfte. Stündlich habe ich auf die Uhr geschaut, wann denn endlich Abend wurde, die Ungeduld wurde immer größer und nach einem köstlichen Essen war es endlich so weit, das Christkind war da. Aus dem Wohnzimmer kam leise Musik, die Türe wurde geöffnet und es lag eindeutig etwas magisches in der Luft. Unter dem Baum lagen die schönsten Päckchen und auf den Gesichtern von mir und meiner Familie ein großes Lächeln.
Lange wollte ich mir diese Weihnachten beibehalten, nichts sollte sich verändern. Allerdings ging die kindliche Naivität mit jedem Jahr etwas mehr verloren. Erst kommt die enttäuschende Wahrheit über das „wahre“ Christkind ans Licht und dann realisiert man immer mehr, welche Arbeit dahinter steckt diese verzaubernde Weihnachtswelt zu kreieren.
Die glitzernde Fassade fängt an zu bröckeln und zum Vorschein kommt die stressige, hektische Realität. Schmücken, backen, kochen und Geschenke besorgen. Was Mama früher scheinbar locker, leicht erledigt hat kommt einem nun wie ein riesiger Aufwand vor. Plötzlich muss man selber für jeden die Wunschplätzchen backen und seinen Liebsten mit möglichst persönlichen Geschenken eine ganz besondere Freude machen und natürlich muss in der Schule die Klausurenphase, wie ein Weihnachtsgeschenk der Lehrer, noch im Dezember stattfinden. Bei all der Vorbereitung vergisst man ganz, die eigentlich besinnlich Adventszeit war zu nehmen. Man möchte es schaffen möglichst schnell alle Punkte auf der Weihnachts-To-Do-Liste abzuarbeiten, damit dann für Weihnachten auch wirklich alles fertig und jeder zufrieden ist.
Auch die weihnachtliche Umgebung kommt einem jetzt nicht mehr leuchtend magisch vor, sondern künstlich, überladen und grell. Die Bäume sind so mit Lichtern geschmückt, dass kaum noch ein Ast zu sehen ist und Weihnachten scheint nur noch aus Geschenken und Essen zu bestehen.
Diese Erkenntnis habe ich jedes Jahr einmal mehr und ich entwickle tatsächlich Verständnis für den Grinch. Sich Wochen lang abzumühen genug Essen und Geschenk für drei Tage erzwungenes Feiern vorzubereiten, geht mir allmählich ziemlich auf die Nerven. Vielleicht sollte ich mir auch einfach einen grünen Overall anziehen und mich in meinem Zimmer verschanzen.
Oder ich hole mir etwas von meiner kindlichen Naivität zurück und erinnere mich wieder an die Magie von Weihnachten, anstatt mich von der Hektik und dem Stress anstecken zu lassen. Vielleicht muss man selber anfangen wieder ein Stück runterzufahren, den Druck reduzieren, den Konsum einzuschränken. Es reichen doch auch zwei Plätzchensorten und das größte Geschenk, gerade in unserer jetzigen Zeit, ist es, gesund mit seinen liebsten Menschen Zeit zu verbringen.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen eine ruhige, stressfreie und besinnliche Weihnachtszeit. Lasst uns die Punkte streichen, die uns unter Druck setzen und lasst uns versuchen die Zeit wieder wie als Kind wahrzunehmen: wohlig, warm und magisch.