Veganer, Vegetarier, und solche, die eigentlich alles essen, sich aber für alternative Ernährungsweisen interessieren, kamen am letzten Donnerstag im Gruppenraum der ESG über der Gmoa zusammen. Der lange Weg über vier Stockwerke lohnte sich. In großer Runde gab es zu hervorragendem Essen einen bunten Vortrag zum Thema Vegane Ernährung.
Als ich am Donnerstag Abend die Räume der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) über der Gmoa im Nikolakloster betrete, fällt mir als Erstes auf: Es riecht unheimlich gut! Ein Blick zur Küchenzeile verrät den Grund. Dort herscht rege Betriebsamkeit. Ein großer Topf steht auf dem Herd, im Ofen ist Gebäck zu erkennen und den Esstisch schmücken bereits zwei große Schalen mit – ja, was eigentlich?
Diese und viele weitere Fragen beantwortet uns Gastgeberin Julia Pöcze im Laufe des heutigen Veganen Abends. Die 20-jährige Jurastudentin kommt ursprünglich aus Ungarn, lebt seit 2016 in Passau ist eben solange aktives Mitglied der Studierendengemeinde.
Julia begann aus gesundheitlichen Gründen, sich näher mit dem Thema Ernährung zu befassen. Besonders das Buch „How not to die“, von Gene Stone und Michael Greger, hat sie inspiriert. Der Arzt und Ernährungsexperte Dr. Greger beschreibt in seinem Buch, wie verschiedene Ernährungsweisen Einfluss auf die Gesundheit haben oder sogar in der Lage sind, den Verlauf bereits vorhandener Erkrankungen zu beeinflussen. In diesem Zusammenhang preist der Autor die pflanzliche Ernährung als die gesundheitsförderlichste Lebensweise an.
Dementsprechend lebt Julia nun bereits seit einem Jahr vegan und hat sehr gute Erfahrungen gemacht. Deshalb, so erklärt sie während ihrer kurzen Begrüßung, freut sie sich sehr, den heutigen Abend gestalten zu dürfen.
Den Rahmen für die Veranstaltung bietet der Themenschwerpunkt „Nachhaltigkeit“, den sich die Evangelische Studierendengemeinde dieses Semester gesetzt hat.
Das Programm beginnt mit einer Vorstellungsrunde. Name, Studiengang, Semester – und Ernährungsweise. Von „Ich bin seit zwei Monaten vegan“, über „Ich ernähre mich überwiegend pflanzlich“ und „Ich bin meistens vegetarisch“ bis zu „Ich esse gerne Käse und Fleisch, habe aber Veganer als Freunde“ oder „Ich esse eigentlich alles, möchte aber gerne neue Rezepte kennen lernen“ sind alle Ernährungsformen vertreten. Das sei auch ganz in Ordnung so, erklärt Julia Pöcze. Sie möchte niemanden zu einer bestimmten Ernährungsform überreden. Ihr Vortrag soll uns als Informationsquelle dienen. Und wenn wir hinterher meinen, dass es unserer Gesundheit, unserem Sinn für Nachhaltigkeit oder unserem Empfinden für Tiere zuträglich ist, dann können wir gerne mal vegetarische oder vegane Lebensmittel ausprobieren „Und wenn nicht, dann eben nicht“.
Die Stimmung ist entsprechend entspannt, als die Vorspeise aufgetischt wird. Panierter Blumenkohl und Chinoa-Pizza-Bites – das Rätsel der ominösen Schüsseln ist gelöst. Ich habe beides noch nie gegessen und bin etwas misstrauisch. Wie das wohl schmeckt? Ohne viele Worte – der erste Gang ist nach wenigen Minuten restlos aufgegessen.
Ihren Vortrag startet Julia mit einer Definition. Sie erklärt, was die Begriffe Vegetarisch (keine Produkte von toten Tieren) und Vegan (nur Produkte ohne tierische Beteiligung) bedeuten.
Vegan zu leben und vegan zu essen – das sind übrigens zwei verschieden Themen. Wer bei der Wahl seiner Lebensmittel auf Tierprodukte verzichtet, der konsumiert möglicherweise trotzdem Kosmetikprodukte mit Milch, Ei oder Honig, trägt Lederkleidung oder Wolle. Ein strikter Veganer verzichtet in allen Lebensbereichen auf tierische Produkte und solche, die an Tieren getestet wurden.
So zu leben ist nicht einfach. Nur etwa ein Prozent der Weltbevölkerung hält sich an die strenge Defintion. Tierische Inhaltsstoffe sind auch nicht jedem Produkt sofort anzusehen. Ein Blick auf die Liste der Inhaltsstoffe enthüllt „versteckte“ Zusätze wie Vollei- oder Magermilchpulver. Jedes Produkt im Supermarkt genau anzusehen braucht natürlich Zeit – warum also tut man sich das an, dieses Vegan-Sein?
Bevor diese Frage beantwortet wird, ist es Zeit für den Hauptgang. Eine italienische Minestrone mit Nudeleinlage. Diesmal schreibe ich es aus – einfach lecker! Auch die Fleischesser im Raum nehmen sich gerne noch eine Kelle nach.
Spätestens jetzt sind alle Anwesenden überzeugt, dass veganes Essen gut schmecken kann. Welche weiteren Gründe sprechen für diese Form der Ernährung?
Der Aspekt der Tierschutzes ist den meisten geläufig. Darüber hinaus beeinflusst die Wahl unserer Lebensmittel unseren sogenannten. „Ökologischen Fußabdruck“. Um uns diesen abstrakten Begriff etwas greifbarer zu machen, hat Julia einige Statistiken dabei. Sie zeigen z.B. den Ausstoß von Klimagasen oder den Wasserverbrauch pro Person in Abhängigkeit seiner jeweiligen Essgewohnheiten auf.
Hier schließt sich dann auch der Bogen von der Veganen Lebensweise zum ESG-Semesterthema „Nachhaltigkeit“. Jeden Donnerstag Abend trifft sich die Studierendengemeinde zum gemeinsamen Abendessen. Dazu gibt es ein immer wechselndes Programm. Von gemeinsamem Musizieren über Marmeladekochen bis zu Themenabenden wie dem heutigen. Heute (16.November) wird um 19:30 Uhr der Film „Tomorrow“ gezeigt, der sich ebenfalls mit Nachhaltigkeit befasst.
Aber warum genau ist die vegane Ernährung angeblich so gesund? Woher bekommt der Veganer zum Beispiel sein Eiweiß, woher sein Calcium?
Wieder hat Julia Ausdrucke dabei. In vielen Pflanzen, wie Soja oder auch Bohnen, sind unter anderem Proteine und Eisen enthalten. Diese Stoffe muss man also nicht über tierische Produkte aufnehmen. Denn diese enthalten neben den lebensnotwendigen Inhaltsstoffen auch das mitunter problematische Cholesterin und deutlich mehr gesättigte Fettsäuren als pflanzliche Nahrung. Außerdem entgeht, wer auf Fleisch verzichtet, den Antibiotikarückständen, die häufig in Produkten aus der Massentierhaltung zu finden sind und zu Resistenzen führen können.
Ein einziges Vitamin, B12, kommt tatsächlich nur in tierischen Produkten vor. Veganen Ersatzprodukten wird dies deshalb oftmals künstlich beigefügt, sodass auch der Mangel an B12 kein Problem für Veganer darstellt.
Als der Vortrag schon ins Gespräch übergeht, kommt die praktische Frage der Zubereitung auf. Wie zum Beispiel ersetzt man beim Panieren oder Backen das Ei?
Für den Ersatz tierischer Produkt eignen sich beim Kochen besonders sogenannte „Superfoods“. Für unsere Pizza-Bites wurde etwa Quinoa mit Wasser angerührt, anstatt Ei zu verwenden.
Besonders gesund ist die vegane Ernährung dann, wenn die Lebensmittel kaum oder gar nicht verarbeitet sind. Ein Beispiel dafür präsentiert der Nachtisch. Es gibt Brownies. Laktosefrei, Glutenfrei, ohne Zuckerzusatz und nicht gebacken. Wie das geht? Das Rezept für die schwarze Köstlichkeit sowie für die anderen Gerichte findet ihr demnächst auf der Homepage der ESG. http://esg-passau.de/
Satt und zufrieden lässt es sich dann noch eine Weile in gemütlicher Runde über alle neuen Informationen quatschen. Ich selbst gehe mit einer veganen Einkaufsliste für den morgigen Wochenendeinkauf nach Hause.
Fotos: JD