Lange wurde die AfD belächelt, ignoriert und nicht für voll genommen. Spätestens seit dem vergangenen Sonntag ist das nicht mehr möglich. In allen drei Landtagswahlen holt die AfD gut zweistellige Ergebnisse. In Sachsen-Anhat ist alles sogar noch viel schlimmer.
15,1% in Baden-Württemberg, 12,6% in Rheinland-Pfalz und unfassbare 24,2% in Sachsen-Anhalt schreien geradezu nach der Stellungnahme eines naiven Studenten.
Auf gehts!
Mir stellt sich zunächst einmal die Frage, woher der Erfolg der AfD kommt. Deshalb möchte ich die Strategie der rechtspopulistischen Partei ein wenig unter die Lupe nehmen.
Als erstes suche man sich eine ausreichend große Bevölkerungsgruppe, die im aktuellen Parteienspektrum wenig bis gar nicht repräsentiert wird, in diesem Fall wäre das der rechte Rand, und sprich deren verschrobene Sorgen und Ängste, wie Überfremdung und Verfall der deutschen Werte, an. Anschließend werden möglichst einfache Lösungen angeboten, die bei genauerer Überlegung keine Lösungen sind. Ach Details! Als Herausstellungsmerkmal postuliert die AfD nun diese Lösungen, nach dem Motto: Wir denken nicht, wir handeln. Das kommt an.
Der nächste Schritt ist ebenso einfach, wie genial. Die völlige Diffamierung der Presse verhindert, dass AfD-Sympathisanten sich zukünftig weiter informieren und eine differenzierte Meinung entwickeln. Auf diese Weise schafft die Partei eine Desinformationsblase, die eine kritische Auseinandersetzung mit den Thesen ihrer Meinungsführer verhindern soll.
Als Nächstes wird eine gemeinsame Rhetorik installiert. Wiederkehrende Begrifflichkeiten, wie „Lügenpresse“ und „Gutmensch“, schaffen nicht nur einen Wiedererkennungswert, sondern schweißen auch eine Gemeinschaft zusammen, die sich praktisch ausschließlich durch die Abgrenzung von Anderen definiert. Dabei ist die Bewegung sich auch nicht zu schade alte, nationalsozialistische Floskeln zu kopieren. Denn schon immer war Patriotismus mit der feindseligen Abgrenzung von anderen Staaten und Menschen fremder Herkunft verbunden. Zum Schluss würze man das Ganze noch mit reichlich Deutschtümelei, die den Enttäuschten der Gesellschaft die Möglichkeit gibt sich über andere zu erheben. Denn Deutscher zu sein ist wahrlich keine Kunst.
Schließlich inszeniert man noch ein paar Großveranstaltungen und schon ist man eine politische Kraft.
Besonders gut kommt diese Strategie leider in den neuen Bundesländern an, wo es vielen Menschen auch heute noch finanziell schlechter geht, als im Westen. Die berechtigte Enttäuschung dieser Menschen wird gebündelt und findet in AfD und Pegida ihr fehlgeleitetes Ventil.
Wo früher Menschen für Demokratie und Weltoffenheit auf die Straße gingen, befindet sich heute das Zentrum einer deutschen Abschottungsbewegung. Paradox.
Zu dieser Abschottung gehört ein ordentliches Maß an Rücksichtslosigkeit, Egoismus und Menschenverachtung. So fordert die Partei im sogenannten „Thesenpapier Asyl“ die sofortige Sicherung der deutschen Grenzen sowie eine Ablehnung aller Asylanträge ohne urkundlichen Nachweis von Staatsangehörigkeit und Identität. Das bedeutet nichts anderes, als die völlige Missachtung der Würde eines Menschen, weil er oder sie nach einer kräfteraubenden Flucht unter menschenunwürdigen Bedingungen keine Ausweispapiere mehr besitzt. In diesem, wie in anderen Fällen versteckt die Partei latente Fremdenfeindlichkeit unter dem Deckmantel von Recht und Ordnung.
Dabei widerspricht sie sich oft selbst. Mahnt sie im eben genannten „Thesenpapier Asyl“ noch Verstöße gegen das Schengen-Abkommen bezüglich der Außengrenzen an und pocht auf die Durchsetzung geltenden Rechts, fordert die Partei in ihrem Wahlprogramm 2016 für Sachsen-Anhalt wenig später bereits Schengen auszusetzen. Gesetze, die der AfD passen, müssen selbstverständlich durchgesetzt werden, der Rest nicht. Der soll geändert werden. Grundsätzlich sind Recht und Unrecht für die AfD dehnbare Begriffe.
Diese Partei ist nun also ganz offiziell in drei Landtage eingezogen und in Sachsen-Anhalt sogar zweitstärkste Kraft geworden. Was sagt das über unser Land aus? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass diese Zeit eine Bewährungsprobe ist für die freiheitlich demokratische Grundordnung und ich hoffe, dass ein Großteil der Menschen in unserem Land sich einem Rechtsruck der Gesellschaft weiterhin geschlossen entgegenstellt.