Am Dienstagabend herrschte im „freiraum“ von 17 bis 21 Uhr reges Treiben: Auf Tischen stapeln sich Hosen und Pullover. Hier werden Jacken anprobiert, dort Blusen durchwühlt. Andere stöbern an Kleidern, die sich auf Kleiderstangen aneinanderreihen. Immer wieder kommen Leute mit Taschen voller Klamotten hinein, die sie an den dafür vorgesehenen Stellen verteilen und stürzen sich ihrerseits auf die Kleiderstapel, auf der Suche nach neuen Schätzen. Das Angebot ändert sich im Minutentakt. Einige hingegen sitzen entspannt mit Kaffee und veganem Kuchen auf Sofas, lauschen der Musik, quatschen, lachen.
Was hier vor sich geht? Eine Kleidertauschparty, organisiert von den Hochschulgruppen WinD, Amnesty und einigen Einzelpersonen.
Die Idee des Kleidertauschens ist eigentlich nicht neu.
Wer hat nicht schon mal ein paar Teile von seinen Geschwistern bekommen oder den letzten Fehlkauf der/dem WG-MitbewohnerIn vermacht, der/die das Teil tagein tagaus trägt? Dabei könnten wir noch viel mehr tauschen und recyceln: 95 Kleidungsstücke besitzen wir in Deutschland nämlich im Durchschnitt pro Kopf. Das macht knapp 5,2 Milliarden Kleidungsstücke in unseren Schränken, wovon 2 Milliarden ungetragen vor sich hinstauben. Aussortieren steht zwar bei den meisten regelmäßig auf der To-Do-Liste, doch leider führt der Weg hierbei häufig direkt vom Schrank in die Mülltonne. Reparieren? Fehlanzeige. Mehr als die Hälfte der unter 29-Jährigen war noch nie bei einem Schuster Dabei gehören Schuhe neben Hosen und Oberteilen zu den Kleidungsstücken mit der kürzesten Lebenserwartung. Noch nicht einmal ein Jahr beherbergen wir sie. Die meisten Kleidungsstücke werden aber ohnehin nicht wegen ihres traurigen Zustandes aussortiert, sondern schlichtweg mit der Begründung: „Gefällt mir nicht mehr“. (Quelle: Greenpeace)
Viele nehmen genau aus diesem Grund an der Kleidertauschparty teil: Der Kleiderschrank ist zum Lager für ungetragene Kleidung mutiert. „Irgendwann kann ich die Sachen einfach nicht mehr sehen, aber wegwerfen will ich sie auch nicht. Cool, dass ich sie hier abgeben und jemand anderem eine Freude damit machen kann.“ „Eigentlich kaufe ich nicht Second-Hand aber im Moment ist einfach Ebbe in der Kasse. Das ist ganz praktisch, dass ich hier kostenlos paar Sachen abgreifen kann.“ – äußern sich Besucherinnen der Party.
Das Orga-team veranstaltete die Party aber noch aus anderen Gründen: Der Recycling-Gedanke, der Wunsch, einen Beitrag zu einer nachhaltigeren sauberen Welt zu leisten, der Boykott von Massenkonsum, um schlechte Arbeitsbedingungen und Ausbeutung in den Produktionsländern nicht zu unterstützen, sind einige davon.
„Ich kaufe nun schon seit 2 Jahren keine neue Kleidung mehr, sondern setze nur noch auf Second-Hand. In Passau ist es allerding manchmal schwierig, gebrauchte Kleidung zu finden, ohne dabei wie Oma auszusehen“, beklagt Lea, eine der Organisatorinnen. Das stimmt. Neben dem Second-Hand-Geschäft Vintyl‘s und dem Mädchenflohmarkt, der einmal pro Semester stattfindet (das nächste Mal übrigens jetzt am Sonntag, den 27.11.2016), sind die Möglichkeiten recht beschränkt. „Es fehlt in Passau einfach an einer alternativen Szene, die muss erst noch etabliert werden“, bemerkt ein männlicher Besucher der Kleidertauschparty. Männermode gibt es hier übrigens auch, auch wenn das Angebot recht überschaubar ist.
Ob er deswegen enttäuscht ist? Nein. „Ich habe es nicht anders erwartet, aber das meine ich gar nicht negativ. Männer sind da eben ein Bisschen anders, wir tragen das T-Shirt, bis die ersten Löcher entstehen. Dann kann ich es auch nicht mehr zum Tauschen geben.“ Es sei nicht so, dass Männer den Recyclinggedanken nicht unterstützten, sie hätten einfach nicht so viel Kleidung und wollten das auch gar nicht.
Die Resonanz ist durchweg positiv. Wie viele Besucher am ganzen Abend da waren, lässt sich nur schwer bestimmen – aber der „freiraum“ war jederzeit gut gefüllt.
Verglichen mit dem Erfolg der Veranstaltung, ist der Aufwand recht gering. „Es braucht nur eine Location, ein paar Tische und jemanden, der anfängt“, meint Lea. Der Rest sei ein Selbstläufer. „Wenn jeder einen kleinen Teil beiträgt, wird es toll und jeder weiß das. Das ist ja auch der Grundgedanke des Tauschens. Geben und Nehmen. Deswegen funktioniert es so gut. Die Organisation war daher ziemlich entspannt, weil alle angepackt haben.“ Kosten fielen nur für Werbung in Form von Plakaten und für die Versorgung mit Köstlichkeiten im Rahmen eines veganen Cafés an. Diese wurden mit freundlicher Unterstützung von WinD übernommen.
Und wie soll es weitergehen? Weil die Party so gut angenommen wurde und viele den Wunsch äußerten, dass es so etwas häufiger geben solle, gibt es Überlegungen, die Kleidertauschparty regelmäßig stattfinden zu lassen. Wie singt Jack Johnson so schön: „It’s always more fun, to share with everyone.“