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Was junge Menschen bewegt – ein Interview mit dem Waldkirchener Bürgermeister Heinz Pollak

Fünf Jahre ist das erste Interview mit Bürgermeister Heinz Pollak aus Waldkirchen nun her, jetzt folgt die Fortsetzung. In den letzten Jahren ist einiges passiert, vieles hat sich geändert, bei einigen Standpunkten bleibt Pollak seiner Linie treu. Im Folgenden spricht Pollak mit der Blank Redaktion über den Klimawandel und die Letzte Generation, Mülltrennung in Passau, Cannabislegalisierung, Armut unter Studierenden und Bildungspolitik.

Klimawandel und Protestaktionen

Der menschengemachte Klimawandel ist nach wie vor ein zentrales Thema unserer Gesellschaft. Die Auswirkungen des Klimawandels zu verringern, haben sich globale Bewegungen wie Fridays for Future zum Ziel gemacht.  In letzter Zeit erregen immer häufiger Protestaktionen der Klimaschutzgruppe „Letzte Generation“ die Öffentlichkeit. Grund dafür ist, dass die Letzte Generation Straßenblockaden nutzt, um eine höhere politische Priorisierung des Klimaschutzes zu erreichen.130 Beschäftigte der Universität Passau haben einen offenen Brief verfasst, da auch Studierende aktive Mitglieder der Letzten Generation sind. Einige Aktionen der Protestgruppe werden nicht unterstützt, dennoch wird klargestellt, dass es sich bei den Studierenden nicht um Radikale oder Extremisten handelt. „Die Aktionen der letzten Generation, wie sich beispielsweise auf der Straße festkleben, finde ich einen Irrsinn“, sagt Pollak. Laut Pollak würden so mehr Leute aus Prinzip gegen Klima Aktionen sein. „Ich bin auch schon mal gestanden, als Klimakleber die Straße blockierten und habe einen inneren Hass verspürt.“

Alternative Klimaprojekte

Klimaschutz als solchen befürwortet Heinz Pollak, nur die Mittel zum Zweck seien die Falschen. Stattdessen biete er Aktivist:innen die Möglichkeit, ein Grundstück in Waldkirchen zu nutzen, um dort beispielsweise Bäume zu pflanzen. „Ich bin auch der Meinung, dass man viele Aktionen mit Senioren machen könnte.“  Schließlich haben diese wie Studierende viel Zeit und freuen sich über Gesellschaft, stellt Pollak fest. Genereller Umweltschutz könne durch Überlegungen über einen neuen Radweg oder einen gemeinschaftlichen Gemüseanbau erzielt werden.

Ist das mit den Forderungen der Klimaschutzbewegungen zu vereinbaren? Durch solche generationsübergreifenden, gesellschaftlichen Initiativen könnte das Image des Klimaschutzes verändert werden. Die Problemlösung des Klimawandels wird oft der jungen Generation zugesprochen, schließlich ist sie in der Zukunft von den Folgen des Klimawandels am meisten betroffen und auch bei Umweltschutzbewegungen am häufigsten vertreten. Vielleicht geben auch deshalb bei der Naturbund-Umfrage zum Klimawandel, die 2021 durchgeführt wurde, 59,1% der über 65-Jährigen an, dass der Klima-und Naturschutz bei der Bundestagswahl keine Rolle spielt. Ob Senior:innen bereit wären, mit Studierenden an Klimaschutzprojekten zu arbeiten, ist deshalb allerdings nicht sicher. 

Aussicht auf leichtere Mülltrennung in Passau

Auf den Anstoß hin, dass es sich für Studierende in Passau als relativ schwierig erweist, Plastikmüll ordnungsgemäß zu trennen, spricht sich Pollak, der auch in der Aufsicht der ZAV Mitglied ist, gegen eine gelbe Tonne aus. Diese müsste erst neu produziert werden, nehme Platz weg und zusätzliche Müllautos verbrauchen CO2, schlicht und ergreifend ein teures Unterfangen. Hinzu fügt er: „Beim Wertstoffhof trenne ich ja genauer.“ Dennoch findet der Alternativ Vorschlag unseres Blank Teams, einen Plastikmüll Trenn Container in Uni-Nähe aufzustellen, Gehör und wurde vermerkt.

Cannabislegalisierung

Ein Dauerbrenner-Thema, bei dem Pollak sich schon lange gegen seine eigene Partei, die Freien Wähler, positioniert hat, ist die Cannabislegalisierung. Er unterstützt die Entscheidung der Ampel aus dem Jahr 2021, welche im Koalitionsvertrag die Einführung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene festgeschrieben hat. „Wenn ich Raucher oder Alkoholiker bin, ist das schwerwiegender als Gras zu rauchen.“, betont Pollak. Zudem verweist er auf die hohen Konsumzahlen. Laut einer im Jahr 2021 veröffentlichten Studie des Bundesministeriums für Gesundheit haben tatsächlich 8,8% aller Erwachsenen binnen eines Jahres  mindestens einmal Cannabis konsumiert. Eine Legalisierung oder Entkriminalisierung von anderen Drogen, wie z.B. Heroin, Kokain und Crystal Meth lehnt Pollak entschlossen ab. Unsere Frage, ob er einen Anpassungs- oder Veränderungsbedarf der gegenwärtigen Alkoholpolitik sieht, verneint er hingegen deutlich.

Steigende Armut unter Studierenden

Mehr als jede:r dritte Studierende galt im Jahr 2021 als armutsgefährdet. Zu diesem Ergebnis kommt das Statistische Bundesamt vergangenen November. Das Armutsrisiko unter Studierenden ist damit mehr als doppelt so hoch wie unter der Gesamtbevölkerung. Diese soziale Notlage wird durch die noch immer andauernden Folgen der Corona-Pandemie und der Inflation verschärft. So fordert unter anderem das Deutsche Studierendenwerk noch stärkere Unterstützung durch die Bundesregierung. Eine Maßnahme der Regierung ist die seit Mitte März ausgezahlte einmalige Energiepauschale in Höhe von 200 Euro an Studierende, Fach- und Berufsschüler:innen. Pollak begrüßt diese Maßnahme, kritisiert jedoch die Umsetzung. Die Antragsstellung sei „wahnsinnig kompliziert“ und auch die ausgezahlte Summe müsse höher sein, um den Bedarf zu decken.

„Die Bereitschaft vieler Studenten nebenher zu arbeiten ist so gering wie noch nie“

Einen Teil des Problems sieht Pollak bei den Studierenden: „Die Armutsquote ist zwar hoch, aber die Bereitschaft vieler Studenten, nebenher zu arbeiten, ist so gering wie noch nie“. Pollak arbeitete selber während seines Studiums in einem Hotel. Arbeit verlängere das Studium zwar um einige Semester, wirke aber auch als finanzieller Puffer, so Pollak. Eine Veränderung sieht er auch bei unbezahlten Tätigkeiten. „Früher gab es das Ehrenamt nicht in dem Ausmaß, wie es heute der Fall ist. Zudem gab es damals auch keine verpflichtenden Praktika.“ Dies solle nach Pollak jedoch kein Grund sein, bei fehlender finanzieller Unterstützung durch die Eltern nebenbei nicht zu arbeiten. 

„Ein Jahr für den Staat“

Dennoch sei das Ehrenamt wichtig – gerade auf lokaler Ebene. Das Engagement solle sich aber nicht nur auf den Campus beschränken, sondern auch Politik, Vereine und Verbände außerhalb der Uni miteinbeziehen. Auch die „Vernetzung verschiedener Generationen“ wünscht sich Pollak mehr von Studierenden. Zudem plädiert er für „ein Jahr für den Staat – ein verpflichtendes soziales Jahr“ für sowohl junge Frauen als auch Männer. Somit möchte er zu füllende Stellen, wie zum Beispiel die der Bademeister in Waldkirchen, wie sie dringend von Pollak gesucht werden, besetzen.

Bildungspolitik der letzten Jahre

Pollak spricht sich für eine komplett zentral organisierte Bildungspolitik aus. Bundesweit solle es die gleichen Abiturprüfungen, Ausbildungsverhältnisse und Verbeamtungs-Verhältnisse für Lehrkräfte geben. Es sei auch nicht mehr allzu schwierig, sich mit den Leistungen aus anderen Bundesländern zu vergleichen und folglich auch die Lehrpläne anzupassen, da das Niveau der bayerischen Abiturprüfungen in den letzten Jahrzehnten „ein bisschen gesunken“ sei. Denn obwohl der Ruf der schwersten Abiturprüfung Bayern vorauseile, steige der Anteil der Einserschnitte im Abitur deutlich, so Pollak. Tatsächlich stieg laut einer Statistik der Kultusministerkonferenz der Anteil der Notendurchschnitte von 1,5 oder besser von 2006 bis 2018 um 5,5 Prozent.

„Universitäten sind ein Nebenbei Thema”

Mit Blick auf die Universitäten bemängelt er, wie stark Studierende vom Staat vernachlässigt werden. „Universitäten sind ein Nebenbei Thema.” Gerade während der Corona Pandemie ist stark aufgefallen, dass der universitäre Sektor kaum Erwähnung findet. Allgemein ist anzumerken, dass selbst jetzt noch die Ignoranz diesem Problem gegenüber zu wenig aufgearbeitet wird.

Politik für junge Menschen

Pollak glaubt fest daran, dass junge Menschen in der Politik miteinbezogen werden müssen. „Ich bin der Meinung, dass ich die jungen und die älteren Menschen vertrete. Ich versuche die Themen, die ich vor Ort mache, immer gleich zu behandeln.“ Abschließend erinnert er die Studierenden daran, ihre Wahlmöglichkeiten zu nutzen.

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