Die satirische Komödie Weil ich ein Mädchen bin von 1999 startet fast wie ein Krimi: Die Beweislast ist erdrückend. Als hätte die 17-jährige Megan ein schweres Verbrechen begangen, werden ihr von Familie und Freund:innen die Belege für ihre Homosexualität in sterilen Plastikbeuteln vorgeführt. Darunter ein Stück Tofu (anspielend auf das Klischee, Lesben seien Vegetarierinnen), ein Poster der queeren Aktivistin und Musikerin Melissa Etheridge und Kissen mit vulvaförmiger Dekoration. Obwohl die feminine Megan die Anschuldigungen vehement abweist und sie selbst nicht wahrhaben will, wird sie nach dieser Intervention auf ein „Rehabilitations-Camp“ geschickt.
Rehabilitation ist dabei letztlich nur eine verschönerte Bezeichnung für eine Konversionstherapie. So wird in dieser Komödie ein recht trauriges Thema aufgegriffen. In den USA gibt es bis heute Umerziehungslager, die versuchen, junge Menschen – basierend auf der falschen Vorstellung, Homosexualität sei eine psychische Störung – von ihrer Queerness zu „heilen“. Auf viele Arten ist der Film jedoch soweit von der Realität entfernt, dass das Lachen dann doch leicht fällt. Und wer sagt schon, dass die Kritik an einer düsteren Realität immer ernst bleiben muss?
Im quietschbunten Umerziehungslager namens „True Directions“ angekommen, tragen alle Mädchen rosa und alle Jungs blau. Die Instrukteur:innen – unter anderem gespielt von der Drag-Ikone RuPaul – drillen die Jugendlichen auf Heteronormativität und betonen die „Unterschiedlichkeit“ von Mann und Frau. Die Jungs trainieren Holzhacken und Kämpfen, die Mädchen üben Hausarbeit und Kindererziehung. An diesem Ort wird jedem eine Art heteronormative Maske aufgesetzt. Dabei wirkt das ganze Gelände künstlich wie Plastik, von den leblosen Blumen im Garten bis hin zu einer leuchtenden Lagerfeuer-Imitation. Die heteronormativen Geschlechterrollen sind genauso künstlich, genauso ungeschickt konstruiert und „gemacht“ wie die grelle, schlecht aufgetragene Farbe an den Wänden im Haus des Umerziehungslagers.
Doch nicht nur auf diese Weise nimmt der Film traditionelle Geschlechterrollen auf die Schippe, denn auch mit anderen Klischees wird gespielt. Schon der englische Titel But I’m a Cheerleader spielt mit der Vorstellung, alle Lesben würden sich maskulin präsentieren und hätten nichts übrig für weiblich konnotierte Hobbies wie Cheerleading. Die lesbischen Mädchen im Camp sind alle ziemlich unterschiedlich, sowohl in Aussehen als auch Persönlichkeit, manche entsprechen den Klischees mehr und andere eben weniger. Den Jungs wird im Film aber leider nicht die gleiche charakterliche Vielfalt zugesprochen, sie verhalten sich alle gleichermaßen stereotypisch und erhalten wenig Tiefe.
Doch trotz seiner Makel ist Weil ich ein Mädchen bin zurecht zum queeren Kultfilm geworden. Gerade das romantische Happy End platziert ihn in die Reihe (immer noch) viel zu seltener lesbischer Feel-Good-Filme. Denn traurigerweise enden Geschichten mit queeren Charakteren überdurchschnittlich oft tragisch, da die Liebenden meistens für immer voneinander getrennt werden. Ein Muster, das Weil ich ein Mädchen bin als einer der ersten Filme seines Genres endlich durchbricht.
Zum Schluss des Films werden wir noch einmal an einen wichtigen Fakt erinnert: In der allerletzten Szene treffen sich Heterosexuelle – darunter auch Megans Eltern – zu einem Treffen der „Parents & Friends of Lesbians & Gays“, um ihre Vorurteile zu überwinden. Nicht Menschen wie Megan müssen sich ändern, sondern ihr heteronormatives Umfeld. Und nicht Homosexualität ist die Krankheit, die wir als Gesellschaft heilen sollten, sondern Homophobie.