Zwischen Grauen und Aufklärung: Ein Besuch im Passauer Foltermuseum

Alina Bauer PR-Leitung

Triggerwarnung: Der folgende Beitrag enthält Beschreibungen und Fotos von Folter und Folterinstrumenten

Vor Halloween suchen viele den Nervenkitzel in Horrorfilmen oder Geisterhäusern. Ich entschied mich stattdessen für einen Besuch im Mittelalterlichen Foltermuseum in Passau. Nach dem Betreten des kellerartigen Museums spürte ich sofort die bedrückende Atmosphäre. Dies war mein erster Besuch im Foltermuseum und gleichzeitig das erste Mal, dass ich ein Museum allein erkundete, was die unheimliche Stimmung noch verstärkte.

Die Schrecken von Inquisition und Hexenverfolgung

Nach einer kurzen Treppe und der Kasse beginnt direkt das Museum. Zum Einstieg wird ein Film gezeigt, der einen Überblick über die Ausstellungsstücke und die damalige Zeit bietet. Neben wichtigen Persönlichkeiten wie dem Großinquisitor Tomás de Torquemada und dem Kritiker der Hexenprozesse, Friedrich Spee, beleuchtet der Film die Vertreibung Andersgläubiger durch die spanische Inquisition bis hin zu den Hexenverbrennungen in Deutschland. Im Film werden dabei besonders die Methoden der Inquisitoren, Hexenkommissaren und Scharfrichter erklärt. Immer wieder werden Beispielfälle aufgegriffen, die den Verlauf der Prozesse und der sogenannten peinlichen Befragung darstellen. Gezeigt werden dabei insbesondere die verschiedenen Stufen der Verhöre und welche Mittel wann genutzt wurden.

Die spanische Inquisition hatte es sich zur Aufgabe gemacht Andersgläubige ausfindig zu machen, sie zu Geständnissen zu zwingen und andere Gläubige auszuliefern. In den Hexenprozessen hingegen sollten diejenigen gestehen, die sich mit dem Teufel verbündet hatten oder sogar mit ihm das Bett teilten.

Im Falle der Hexenverfolgung geht der Film vor allem auf die Ereignisse in Bamberg ein, da dort mit dem Malefizhaus sogar extra ein Gefängnis für angebliche Hexen erbaut wurde. Besonders faszinierend war für mich der strukturierte und rechtlich festgelegte Ablauf der Hexenprozesse. Diese begannen mit einer Hexenprobe, bei der überprüft wurde, ob eine Beziehung zwischen Angeklagten und dem Teufel besteht. Eine mögliche Art war dabei die Nadelprobe, bei der nach Muttermalen oder Warzen am Körper gesucht und diese mit einer Nadel aufgestochen wurden. Floss kein Blut, handelte es sich um eine Hexe.

Nach der Hexenprobe erfolgte der Beginn der Folter, um ein Geständnis der Anschuldigungen zu erzwingen. Hierbei wurde nach verschiedenen Stufen vorgegangen. Vom ersten Grad der Folter, bei dem es nur zur Androhung kommt, über das Ansehen der Foltergeräte bis hin zur eigentlichen Folter, dem fünften Grad. Neben der Nennung verschiedener Folterinstrumente wird die Verwendung ausgewählter Geräte wie beispielsweise der Daumenzwingen im Film genau erklärt.

Auf das Ende des Verhörs, bei dem die meisten gestanden, folgte die Hinrichtung. Wer früh gestand, konnte das Glück haben vor dem Scheiterhaufen durch das Schwert zu sterben, ansonsten erfolgte die Lebendverbrennung. Für die Kosten der Prozesse, inklusive Versorgung, Folter und Hinrichtung, mussten die Angeklagten selbst aufkommen. Obwohl die Prozesse rechtlich legitimiert waren, wurden die Geständnisse unter Folter erzwungen und tausende starben einen sinnlosen Tod.

Der Film zeigt dabei eindrucksvoll, wie sehr nicht nur die Angeklagten, sondern auch die deutsche Bevölkerung unter der Hexenverfolgung litt. Die Prozesse führten zum Vertrauensverlust innerhalb der Gesellschaft und machten es leicht Gegner auszuschalten, aber auch selbst ausgeschaltet zu werden. Insbesondere die Angst der Männer vor dem Wissen der Frauen wuchs, weshalb meist Frauen der Hexerei beschuldigt wurden. Auch die Henker hatten Angst vor der Rache des Teufels, weshalb die Gefängnisse und Folterkammern mit speziellen Schutzmechanismen ausgestattet wurden. Dabei sollte vor allem der Sex zwischen dem Teufel und den Angeklagten verhindert werden.

Das Ende des Films zeigt auf, dass der letzte deutsche Scheiterhaufen erst 1775 brannte und die Zahlen aller Opfer der Inquisition und Hexenprozesse bis heute unbekannt sind.

 

Verschiedene Fesseln und Folterinstrumente

Vom Film in die Realität

Nach dem Film, der im ersten Raum der Ausstellung gezeigt wird, folgen die Ausstellungsstücke. Man betrachtet den Film auf einer knarzenden Holzbank, die stilistisch an eine Kirchenbank erinnert und zur altertümlichen Atmosphäre des Museums passt. Im ersten Raum, direkt hinter der Sitzbank, befinden sich mehrere Tafeln, die die im Film genannten Ereignisse noch einmal schriftlich zusammenfassen. Außerdem befinden sich in diesem Raum die ersten kleinen Ausstellungsstücke, die in mehreren Regalen aufgereiht sind. Man sitzt daher bereits während des Films inmitten der Ausstellung.

Zu jedem der ausgestellten Instrumente gibt es Schilder, die neben dem Namen und der Zeit auch meist die genaue Verwendung angeben. Insbesondere die Kopfpresse wird dabei in ihrer Verwendung und Funktion sehr klar beschrieben, weshalb wenig Raum für Interpretation bleibt. Wer daher nicht zu genau wissen will, wie die Geräte verwendet wurden, sollte manche der Beschreibungen auslassen. Besonders schockierend sind die Hinweise, dass einige Folterinstrumente – in abgewandelter Form – auch heute noch genutzt werden. Denn einige der Beschreibungen enthalten Anmerkungen dazu, ob und in welcher Abwandlung die Geräte noch zur Folter genutzt werden. Auch die Kopfpresse wird durch die Anmerkung „erfreut sich heute bei den Behörden in vielen Teilen der Welt großer Beliebtheit“ und die Ausführung ihrer modernen Version ergänzt.

 

Die Kopfpresse

Historische und Neuzeitige Foltermethoden

Nachdem sich im ersten Raum hauptsächlich kleine Ausstellungsstücke befinden, folgen in den nächsten Räumen größere Folterinstrumente. Ausgestellt werden Instrumente wie der Folterstuhl, eine Streckbank und sogar eine Guillotine. Diese Geräte sind nicht nur durch Schilder und Bilder der Verwendung ergänzt, sondern auch Puppen, die die Anwendung von Fesseln und Folter zeigen. Zwischen den Ausstellungsstücken und ihrem Gebrauch sind außerdem Infotafeln angebracht, die über Ereignisse der Zeit und Abläufe informieren. Dabei kann es sich um den zeitlichen Verlauf des Hexenwesens, aber auch um andere Entwicklungen handeln. Eine der Tafeln macht beispielsweise auf den Wandel vom Hängen zur Guillotine aufmerksam, welche den „sanften Tod“ ermöglichte.

Der letzte Raum enthält neben weiteren besonders großen Folterinstrumenten wie dem Pendel und der Judaswiege sowie einigen Puppen einen besonderen Teil der Ausstellung. Kurz vor dem Ausgang befindet sich ein Aufsteller von Amnesty International, der auf Folter in der heutigen Zeit aufmerksam macht. Dabei werden verschiedene Mittel der Folter sowie ihre Verwendung und Auswirkung genannt. Außerdem steht immer dabei, in welchen Ländern die Foltermethode von Amnesty International dokumentiert wurde. Darunter sind Länder wie der Iran, die Philippinen, Saudi-Arabien, aber auch Folterstätten des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA. Amnesty International stellt zudem fertige Briefe zur Verfügung, die die Freilassung des ägyptischen Anti-Folter-Aktivisten Mahmoud Hussein fordern. Die Briefe können mitgenommen, unterschrieben und an die bereits ausgefüllte Adresse des ägyptischen Präsidenten geschickt werden.

 

 

Amnesty International klärt über Folter in der heutigen Zeit auf

Der Besuch im Mittelalterlichen Foltermuseum unterscheidet sich von vielen anderen Museen, weshalb ich spürbar erleichtert war, als ich das Museum verließ und wieder in die helle Nachmittagssonne blickte. Insbesondere dadurch, dass ich das Museum alleine besuchte, war die Stimmung eher bedrückend und mir blieb viel Zeit mir Gedanken über die Ausstellungsstücke zu machen. Das Foltermuseum ist kein Ort für einen leichten Besuch, lohnt sich aber, um sich mit Hexenprozessen und moderner Folter auseinanderzusetzen. Die Hinweise auf die aktuelle Verwendung der Ausstellungsstücke sowie die Informationen von Amnesty International erhalten den Bezug zur Gegenwart und lassen es nicht zu, Folter als ein vergangenes Konstrukt der Hexenzeit oder der spanischen Inquisition zu belassen. Ein Besuch im Foltermuseum ist daher mehr als ein gruseliges Erlebnis vor Halloween – er stellt auch eine Auseinandersetzung mit historischen und aktuellen Themen dar, die nachwirken. Trotz der düsteren Thematik lohnt sich ein Besuch – gerade in Begleitung von Freunden, um die Eindrücke gemeinsam zu verarbeiten.

Das Museum befindet sich in der Parkstraße 2-4 in 94034 Passau und hat von Donnerstag bis Sonntag von 13:00 Uhr bis 17:00 Uhr geöffnet.